Roboter und KI:Wie toll, die Maschine ersetzt mich

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Firmen setzen mehr und mehr auf Roboter - das hilft den dortigen Arbeitern. (Foto: Daniel Ingold/Imago Images/Westend61)

Roboter verdrängen Fabrikarbeiter, KI macht Büromenschen überflüssig: Doch die Angst vor der Automatisierung muss nicht sein - unter zwei Bedingungen.

Kommentar von Bastian Brinkmann, Berlin

An dieser Stelle hätte auch ein anderer Text stehen können. Ein lieber Kollege war angefragt, aber die Redaktion musste umplanen. Das interne Chat-Programm der Redaktion besitzt mittlerweile eine kleine künstliche Intelligenz: Diese KI schlägt Antworten vor, die zur bisherigen Konversation passen sollen. Auf die Frage des Kollegen, ob man für ihn diesen Text übernehmen könne, bietet die KI an: "Kein Problem, werde ich machen!" Das klingt angemessen motiviert, wird genommen. Ein Klick reicht, kein fummeliges Tippen auf dem Handy, schon ist alles abgesprochen. Vom Kollegen kommt sofort die Reaktion: "Herzlichen Dank!"

Diese Replik ist verdächtig. Sie kam so schnell. Sie klingt ebenso angemessen motiviert. Hat der Kollege etwa auch die künstliche Intelligenz antworten lassen? Dann hätten sich hier nicht zwei Menschen abgesprochen. Sondern die KI hätte mit der KI koordiniert. Ein Roboter-Dialog ersetzt menschliche Arbeit.

Und das ist erst der Anfang. Bei aller Wertschätzung für Redaktionsabsprachen ist dieses Beispiel natürlich ein banales. Aber die KI wird immer mächtiger, füllt in Sekunden viele Powerpoint-Folien, programmiert, zeichnet Firmenlogos. Menschen bräuchten dafür Stunden. Viele erleben nun, was bisher nur Fabrikarbeiter fürchteten: Roboter nehmen uns die Jobs weg.

Mehr Maschinen sind gut für den Strukturwandel

In der Industrie war diese Angst jedoch unbegründet. Deutsche Firmen setzen mehr und mehr auf Roboter - und das hilft sogar den dortigen Arbeitern, haben Forscher herausgefunden. Die bisherigen Beschäftigten können dank der Maschinenhilfe neue Aufgaben übernehmen, die anspruchsvoller sind. Einfachere Einstiegsjobs fallen zwar weg, aber junge Menschen streben hierzulande ohnehin tendenziell in Fachhochschulen und Universitäten. Unterm Strich ist dieser Strukturwandel positiv für die Gesellschaft.

Aber bei KI, sagen die Schwarzseher jetzt, könnte es anders kommen: Millionen Büroarbeiter würden überflüssig werden. Tatsächlich warnen KI-Forscher seit Jahrzehnten, dass Computer geistige Fähigkeiten viel besser übernehmen können als manuelle Tätigkeiten. In der KI-Forschung spricht man vom Moravecschen Paradox, das erstmals 1988 beschrieben wurde: Computer würden Menschen locker in Intelligenztests besiegen, kämen aber in Motorik kaum auf das Niveau eines Einjährigen. Demnach haben Menschen, die im Blaumann arbeiten, wenig zu befürchten - doch wer im Hemd am Laptop arbeitet, umso mehr.

Die Unternehmensberater der Boston Consulting Group haben unter der Aufsicht von Managementprofessoren ausprobiert, ob sie überflüssig werden, wenn sie mit KI arbeiten. Die Forscher beobachteten dort allerdings das Gegenteil: ChatGPT, die bekannte textgenerierende künstliche Intelligenz, machte die Berater produktiver. Die schlechteren Berater profitierten besonders, wenn sie ChatGPT nutzen. Die bereits guten Berater wurden auch besser, wenn auch nicht so sehr.

Technischer Fortschritt kann eine Gesellschaft wohlhabender machen, sagt auch der Ökonom Daron Acemoğlu. Er nennt dafür zwei Bedingungen: Die neue Technik muss die Menschen produktiver machen, nicht ersetzen - so wie bei den Unternehmensberatern. Und außerdem muss die Politik die Bedingungen dafür schaffen, dass die Fortschrittsgewinne fair verteilt werden, zwischen Arbeitnehmern auf der einen und Managern und Investoren auf der anderen Seite. Starke Gewerkschaften helfen dabei, aber auch ein faires Steuersystem, das nicht übermäßig auf Lohnsteuern setzt und damit Arbeit im Vergleich zu Kapital zu teuer macht.

Wenn Roboter und KI die eigene Arbeit produktiver machen und die dadurch entstehenden Gewinne fair verteilt werden, sind Computer also keine Bedrohung, sondern hilfreiche neue Kollegen. Die KI würde sagen: "Herzlichen Dank!"

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