Profil:Jörg Pilawa

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(Foto: Henning Kaiser/dpa)

Der nette Quiz-Onkel der ARD wechselt den Sender.

Von Anna Ernst

Jörg Pilawa hat vieles, wovon das Gros der Fernsehsternchen am alltäglichen Vorabend-Firmament nur träumt. Er sammelte in den vergangenen Jahren mehr Mattscheibenpräsenz als die meisten anderen seines Fachs. Aber obwohl Personen des öffentlichen Lebens immer auch zu eigenen Marken werden, hat es Pilawa nie ins Universum echter Luxusartikel geschafft. "TV-host known as Quizonkel", so beschreibt sich der 56-Jährige auf seiner Instagram-Seite selbst - ein Moderator, der doch nur das gute alte Genre der Ratesendung bedient. Bodenständig klingt das. Übersetzt bedeutet es allerdings auch: Pilawa ist kein Influencer für junge Menschen. Er hat das Image eines Mannes, der grundsolide eine Geflügelteewurst anpreisen kann. Jedenfalls hatte das ein Hersteller schon vor Jahren erkannt.

Etwas zu nett sei er, das wird dem Moderator immer wieder vorgeworfen. Sympathisch, gewiss. Aber "nett" ist umgangssprachlich eben immer auch der kleine Bruder von: langweilig, bieder, Einschlafhilfe. Selbst im grellsten Scheinwerferlicht wurde Pilawa bislang nicht zum schillernden Entertainer.

Jörg Pilawa passte sich im Laufe seiner mehr als 30-jährigen Fernsehkarriere perfekt an das meist seichte und selten nur innovative Programm der Öffentlich-Rechtlichen an. Nach zwei abgebrochenen Studiengängen (Medizin und Geschichte) hatte er es schon früh zum Privatradio und 1994 ins Quiz-Universum von Pro sieben und Sat 1 geschafft. Schnell zeigte sich, dass er einfach wegmoderieren konnte, was eben anstand. Hier die ARD-Silvestershow, die stundenlang Sendezeit füllen musste, während drüben beim ZDF die Liveparty am Brandenburger Tor stieg. Dort eine Familiensendung mit Pisa-Test. Nebenher noch die "NDR Talk Show" oder die Sendung "Riverboat" für den MDR.

Obwohl er nicht der Wunschkandidat war, wurde Pilawa bei seiner vierjährigen Stippvisite im ZDF sogar die "Wetten, dass...?"-Neuauflage angetragen. Doch er tat gut daran, nicht unmittelbar in die Stapfen von Showgröße Thomas Gottschalk treten zu wollen. Als Moderatorenkollege Markus Lanz die Wettsendung Ende Dezember 2014 zu Grabe trug, hatte Pilawa längst wieder bei der ARD angeheuert.

Die eigene Produktionsfirma für das Quiz-Imperium

Dort tat er weiterhin das, was er am besten konnte: Mit seiner eigenen in Hamburg ansässigen Produktionsfirma Herr P. drehte er für das Erste Frageshows wie am Fließband ab. Sein wohl größter Erfolg besteht darin, für die meist sehr ähnlichen Quizformate doch immer wieder Abnehmer gefunden und die Massen gut bedient zu haben. Finanziell dürfte der Unternehmer, der ein recht naturbelassenes Eiland in Kanada als Feriendomizil sein Eigen nennt, jedenfalls stets deutlich besser abgesichert gewesen sein als der jeweilige Intendant, unter dem er diente.

Nun aber will der Vater von vier Kindern es noch einmal wissen und dreht seiner Senderheimat ARD den Rücken zu. Gerüchten zufolge soll Pilawa künftig auf Sat 1 moderieren. Ein neues Quiz? Der Privatsender jedenfalls kämpft seit Monaten gegen maue Quoten der eigenen Vorabend-Spielesendungen. Weder Ruth Moshners "Buchstaben Battle" noch das Musikquiz "Let the music play" mit Amiaz Habtu zeigten die gewünschten Erfolge. Dem Quiz-Großproduzenten Jörg Pilawa dürften die Türen also offen stehen. Und während der ARD-Durchschnittszuschauer bekanntlich die 60 Jahre bereits überschritten hat, winkt bei Sat 1 eine dezente Verjüngungskur. Dort könnte der 56-Jährige zumindest Fernsehen für etwa Gleichaltrige machen.

Neue Formate, neue Freiheiten, noch mehr Geld? Wer sich von den Privaten abwerben lässt, wird eine ganze Reihe guter Argumente gehört haben. Im Ersten laufen derweil noch ein paar Monate lang die bereits von Pilawa vorproduzierten "Quizduelle". Offen ist bislang, wie die Zukunft der ARD aussehen soll. Jetzt, da selbst der nette Onkel geht.

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