Naher Osten:Der Verdacht

Warum Israel mit den Terrorvorwürfen gegen NGOs der palästinensischen Zivilgesellschaft schadet - und sich selbst

Kommentar von Peter Münch, Tel Aviv

Man kennt das aus diktatorischen oder autokratischen Staaten: Menschenrechtler werden zu Verbrechern gestempelt, NGOs werden drangsaliert und verboten. Israel, das sich als einzige Demokratie im Nahen Osten präsentiert, gehört nicht in die Liste solcher Staaten. Deshalb sollte Israel auch schnellstens damit aufhören, Menschenrechtler zu Verbrechern zu stempeln und NGOs zu drangsalieren und verbieten.

Das Vorgehen der israelischen Regierung gegen ein halbes Dutzend palästinensischer NGOs, die im vorigen Herbst zu Terrororganisationen erklärt und nun nach einer nächtlichen Armee-Razzia offiziell geschlossen wurden, wächst sich zu einem zunehmend irrationalen Skandal aus. Seit zehn Monaten verlangen Israels Partner, die USA und die Europäer, Beweise für den Terrorvorwurf gegen Organisationen, die gestützt durch westliche Finanzhilfe zu den Säulen der palästinensischen Zivilgesellschaft zählen. Diese Beweise wurden bislang nicht erbracht - und so erhärtet sich der Verdacht, dass Israel mit dem Terrorvorwurf lediglich unbequeme Kritiker seines Besatzungsregimes mundtot machen will.

Washington, Brüssel und auch die deutsche Regierung in Berlin haben in den vergangenen Monaten immer wieder deutlich gemacht, dass sie Israels Vorgehen für inakzeptabel halten. Statt einzulenken, hat Israels Regierung jedoch den Druck stets noch weiter erhöht. Damit wird der palästinensischen Zivilgesellschaft erheblicher Schaden zugefügt - aber zugleich auch Israels Ruf als einziger Demokratie im Nahen Osten.

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