Vor der armenischen Grenze stehen die Flüchtlinge kilometerlang im Stau. Mehr als zehntausend ethnische Armenier haben Bergkarabach bereits verlassen, viele werden folgen. Verlassen ganze Menschenscharen ihre Heimat, wird dies häufig als "Exodus" bezeichnet, es ist das altgriechische und später auch lateinische Wort für Ausgang oder Auszug. Exodus wird auch das zweite Buch des Alten Testaments genannt, in dem beschrieben wird, wie Moses die Israeliten aus der Herrschaft des Pharaos befreit, er teilt das Meer für die Flüchtenden und führt sie vierzig Jahre lang durch die Wüste, bevor sie ins Heilige Land gelangen. Im Judentum wird an Pessach alljährlich an diese Erzählung erinnert. Nicht ohne Grund wurde das Schiff, mit dem 1947 Tausende Shoah-Überlebende vom französischen Sète nach Haifa wollten, "Exodus" getauft. Auch viele Armenier wurden vor hundert Jahren aus ihrer Heimat verjagt. Anfang des 20. Jahrhunderts noch lebten sie zwischen Mittelmeer, Schwarzem und Kaspischem Meer. Nach dem Völkermord durch die Jungtürken 1916 und 1917 zog sich die christliche Minderheit weitgehend in das heutige Armenien zurück. Viele flohen auch nach Russland, in die USA oder nach Frankreich, wo heute noch die größte armenische Diaspora Europas lebt.
Aktuelles Lexikon:Exodus
Der Auszug von Menschenscharen aus einem Gebiet, wie er einst schon im Alten Testament beschrieben wurde. Jetzt findet eine solche Flucht wieder statt: Armenier verlassen Bergkarabach.
Von Léonardo Kahn
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