Olympiapark in München:Die Wadlbeißerin

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"Stress spüre ich nur, wenn mir etwas nicht Spaß macht, und das hier ist immer noch mein Traumjob": Olympiapark-Geschäftsführerin Marion Schöne. (Foto: Friedrich Bungert/Friedrich Bungert)

Marion Schöne ist derzeit Gastgeberin der European Championships, eines 130 Millionen Euro teuren Sportfests. Über eine Frau, die unbeirrt ihren Weg macht in einer männlichen Funktionärswelt.

Von Ralf Tögel

In diesen Tagen kann man Marion Schöne besonders oft durch den Park radeln sehen. Hier ein Pläuschchen mit ein paar BMX-Fahrerinnen, dort ein paar nette Worte zu einer israelischen Delegation. Die Geschäftsführerin der Olympiapark München GmbH (OMG) ist eine sehr gefragte Person und hinterlässt doch einen überraschend entspannten Eindruck - angesichts dessen, was zurzeit im Olympiapark vor sich geht. Denn dort sind noch bis zum 21. August die European Championships, jene Multi-Europameisterschaft, die in neun olympischen Sportarten ihre kontinentalen Meister kürt.

Schöne verantwortet also ein 130 Millionen schweres Sportfest, 100 Millionen teilen sich Bund, Land und Stadt paritätisch auf, der Rest soll durch Sponsoring, Werbung und Ticketing finanziert werden. Die große Verantwortung ist ihr nicht anzumerken, wenngleich sie zugibt, vor der Eröffnungspressekonferenz auf dem Münchner Olympiaberg "zum ersten Mal nervös" gewesen zu sein. Die fand stilecht in einem für die Championships errichteten Biergarten statt.

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Seit 2017 leitet die 59-Jährige die Geschicke des internationalen Veranstaltungszentrums mit den architektonisch einmaligen und weltberühmten Zeltdach-Bauten, sie folgte auf Arno Hartung und ist die erste Frau in dieser Position. 50 Bewerber wollten den Job, für Schöne sprachen die detaillierten Betriebskenntnisse: Seit 2010 arbeitet sie in verschiedenen Positionen für die OMG, leitete zunächst die Bereiche Betriebswirtschaft und Personal, seit Ende 2014 war sie stellvertretende Geschäftsführerin.

"Meine große Stärke ist meine Hartnäckigkeit"

Damit wird die Sportlandschaft in der Landeshauptstadt maßgeblich von Frauen bestimmt, denn Verena Dietl ist Dritte Bürgermeisterin in München und im Rathaus für den Sport zuständig. In einer Funktionärswelt also, die nach wie vor von Männern dominiert wird. Alle neun teilnehmenden kontinentalen Verbände etwa werden von Präsidenten geführt, es war schon als kleiner Erfolg zu verbuchen, dass zur Eröffnungsveranstaltung immerhin drei Frauen entsandt wurden.

Marion Schöne indes hat gelernt, sich in dieser Welt durchzusetzen - und Veränderungen zu erreichen. So ist es ihr Verdienst, dass bei der Actionsport-Eigenveranstaltung Munich Mash jeweils im Juni in allen drei Sportarten (BMX, Wakeboard und Skateboard) inzwischen auch Frauen starten, bei identischen Siegprämien wohlgemerkt. "Meine große Stärke ist meine Hartnäckigkeit", sagt sie, "ich überlege mir, was ich erreichen will, und arbeite gezielt darauf hin. Das erfordert oft Durchhaltevermögen. In Bayern nennt man solche Menschen Wadlbeißer." In schwierigen Verhandlungen helfe ihr auch eine gute Portion "Humor und Ironie", wenn sie etwa in einer großen Funktionärsrunde die einzige Funktionärin ist: "Dann frage ich schon mal, ob ich die Quotenfrau bin." Leicht war ihr Weg nie, wie sie sich erinnert: "Gerade am Anfang habe ich Widerstand gespürt, das war oft anstrengend."

Durch die Corona-Krise kam sie, ohne Mitarbeiter zu entlassen

Das gilt auch für ihre Kernaufgabe: Schöne muss den Spagat schaffen, einerseits einen lebendigen und wirtschaftlich erfolgreichen Veranstaltungsort zu leiten, gleichzeitig den Münchnern einen Erholungsraum zu schaffen und das kulturhistorische Architekturdenkmal von Weltrang zu erhalten. Unter ihrer Regie wurde die Sanierung der Olympiahalle beendet, das Projekt Olympiastadionsanierung ist dank ihrer Verve auf einem guten Weg und zuletzt hat Schöne die OMG durch die Corona-Krise navigiert - ohne Mitarbeiter zu entlassen. Was dem Betrieb aktuell zugute kommt, denn während die Veranstaltungsbranche händeringend Mitarbeiter sucht, konnte der Olympiapark sofort durchstarten, als die Beschränkungen fielen.

Mittlerweile ist die OMG-Chefin angekommen und anerkannt, wie sie sagt: "Ich spüre, dass ich ernst genommen werde und etwas bewegen kann." Bestes Beispiel sei das lokale Organisationskomitee für die European Championships: "Wir haben einen Frauenanteil von 64 Prozent."

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