Für den Umgang mit Russland wurden in den vergangenen Tagen zwei Optionen geboten. Die britische Navy lässt einen Zerstörer demonstrativ durch Gewässer fahren, die Russland seit der Annexion der Krim für sich reklamiert. Es kommt beinahe zum militärischen Zwischenfall, aber der Punkt ist gemacht. Option zwei bieten Deutschland und Frankreich, die alle EU-Staaten zu einem "Gipfel" mit Wladimir Putin verführen wollen. Wenn sich der US-Präsident mit Putin in Europa trifft, warum sollen sich dann nicht auch die Europäer treffen dürfen?
Beide Varianten der Kontaktaufnahme sind suboptimal. Militärische Machtdemonstrationen gibt es genug, übrigens vor allem durch Russland. Aber sie verhallen, wenn sich dahinter keine Idee für den zweiten Schritt verbirgt. Auch der Gipfel-Vorschlag ist hübsch - aber so etwas muss natürlich vorbereitet sein.
Hier liegt das Problem der EU. Bis eine Idee steht, ist sie im Kreis der 27 kleingerieben. Wer aber Putin gegenübertritt, braucht mehr als eine Geste des guten Willens. Dies ist der Unterschied zu Joe Biden, der mit der vollen Autorität des US-Präsidenten und der Macht seines Landes einen Verhaltenskodex für Russland aufstellen konnte. Er wird ihn nämlich anschließend auch einklagen oder sanktionieren können. Angela Merkel und Emmanuel Macron haben recht, dass man Russland nicht den USA alleine überlassen sollte. Aber die EU kann auf ihre natürliche Autorität nicht vertrauen. Im Gegenteil: Die Gefahr ist enorm, dass sie sich zu leicht auseinandertreiben lässt. Was gerade bewiesen wurde.