Es wirkt auf den ersten Blick ein wenig überraschend, dass ausgerechnet zwei Luftwaffenoffiziere, die im Ernstfall noch ganz andere Risiken in Kauf nehmen müssten, sich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Covid-Impfpflicht für Soldatinnen und Soldaten zur Wehr setzen. Aber selbstverständlich muss der Staat überall dort, wo er solche - gar mit körperlichen Eingriffen verbundenen - Pflichten dekretiert, eine ziemlich gute Rechtfertigung parat haben. Das gilt auch für das befehlsgewohnte Militär. Das Verfahren hat freilich gezeigt: In der Bundeswehr sind die Argumente für eine Impfpflicht mindestens so überzeugend wie in den Pflegeheimen.
Denn dort lässt sich besonders gut zeigen, dass die Immunisierung keineswegs nur eine persönliche Angelegenheit ist, sondern ein wertvoller Dienst an der Gemeinschaft. Wenn sich die Truppe selbst lahmlegt, indem sie dem unsichtbaren Feind in Kübelwagen und Kasernenstuben ideale Verbreitungsbedingungen bietet, dann ist das nicht nur ein Problem für die erkrankten Soldatinnen und Soldaten, sondern für eine Gesellschaft, die auf die Wehrfähigkeit der Bundeswehr vertraut. Wie zentral sie für ein Staatswesen ist, lässt sich derzeit vor der Folie des Krieges in der Ukraine schmerzhaft konkret beobachten.
Klug ist es aber zugleich, dass das Bundesverwaltungsgericht den Nutzen der Impfung nicht absolut setzt. Wie effektiv die Schutzwirkung der Impfstoffe ist, unterliegt einem ständigen Wandel. Ihre Wirkung lässt von Monat zu Monat nach, zugleich verändert sich auch das Virus. Dass das Gericht hieraus eine Pflicht ableitet, die Entwicklung zu beobachten und Entscheidungen gegebenenfalls anzupassen, ist ein wichtiges Signal, auch über die Kreise der Bundeswehr hinaus. Denn wer Zweifler und Kritiker vom Schlage der beiden Offiziere vom Sinn der Impfung überzeugen will, der muss zeigen, dass er auf veränderte Tatsachen reagiert.