Erfolgreiche Serienvorspänne:Ba Ba Ba Bam, Schnipp, Schnipp

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Einprägsam muss er sein und unverwechselbar: Der Vorspann einer Fernsehserie ist für deren Erfolg fast so wichtig wie ihr Inhalt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Yeah! Oh yeah! Oh yeeeeah! Vier Jungs im Cabrio. Die Straßen von Los Angeles. Dazu "Superhero" von Jane's Addiction. Das genügt vollkommen, um den Fans der Fernsehserie Entourage zu vermitteln, dass nun eine neue Folge beginnt - oder der Film, der seit Anfang Juni in den amerikanischen Kinos läuft und vom 9. Juli an auch in Deutschland zu sehen ist. "Der Song ist schrecklich", sagt Scott Venen, sowohl bei der Serie als auch beim Film verantwortlich für die Musikauswahl: "Aber er ist mit dieser Show verbunden, das ist das Wichtigste."

Der Vorspann einer Fernsehserie ist beinahe ebenso bedeutsam für den Erfolg wie der Inhalt. Einprägsam muss er sein, unverwechselbar und mit der Serie ebenso verknüpft wie die Protagonisten oder die prägenden Orte. Bei Mad Men etwa rätselten die Fans jahrelang, ob die Silhouette eines vom Hochhaus stürzenden Mannes ein Hinweis auf das Ende der Serie sein könnte, bei The Simpsons warten die Anhänger bei jeder Folge auf einen kreativen Couch-Gag, bei Game of Thrones darauf, welches Königreich des Kontinents Westeros in den darauf folgenden 60 Minuten von Bedeutung sein wird.

"I'll be there for you" gehört zu Friends wie dieses wunderbare Apartment in New York, "The Fresh Prince of Bel Air" zur gleichnamigen Serie wie Will Smith in grellfarbenen Klamotten, "Meet the Flintstones" wie Brontosaurierburger und Yabba-Dabba-Doo zu Fred Feuerstein. Und natürlich eröffnet Eine schrecklich nette Familie mit "Love and Marriage" von Frank Sinatra. Al-Bundy-Darsteller Ed O'Neill sagt: "Die Ironie ist einfach nur herrlich, ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich den Song höre."

Ein erfolgreicher Vorspann prägt sich ins kollektive Gedächtnis ein

Die Halbwertzeit vieler TV-Produktionen und damit des Intros beträgt nur ein paar Wochen, so mancher Song wird deshalb für einmaliges Abspielen ausgewählt oder komponiert. Bei erfolgreichen Serien allerdings wird dieser Vorspann mehrere Jahre lang Woche für Woche vor neuen Episoden gespielt, bei Wiederholungen gar mehrmals täglich, er prägt sich in das kollektive Gedächtnis ein: das Gitarrensolo zu Bonanza, die hohe Frauenstimme zu Beginn von Raumschiff Enterprise oder die Titelmelodie zu Akte X, die in Frankreich gar Platz eins der Charts erreichte.

Oder auch das hier: vier aufsteigende Töne. Zwei Schnipser. Vier Töne. Zwei Schnipser. Zwölf Töne. Zwei Schnipser. Das genügte vollkommen, um Vic Mizzy zu einem reichen Mann zu machen. Es war im Jahr 1964, es gab kein Geld für Musiker, also spielte Mizzy die von ihm komponierte Melodie auf einem Cembalo und sang die Textzeile selbst: "They're creepy and they're kooky, mysterious and spooky, they're altogether ooky: the Addams family." Ba Ba Ba Bam. Schnipp. Schnipp. Mizzy selbst sagte einmal über seine Komposition: "Zwei Mal Fingerschnippen haben mir eine Villa in Bel Air besorgt."

Die Sitcom "Cheers" war ein Flop - bis die Titelmelodie im Radio lief

Wer verstehen möchte, wie eng Vorspann und Serie miteinander verknüpft sind, der sollte die Geschichte von Gary Portnoy und Judy Hart Angelo kennen. Die beiden hatten im Jahr 1981 das Lied "People Like Us" geschrieben und an einen Broadway-Produzenten als ersten Song für das Musical "Preppies" verkauft. Einige Monate später erfuhren sie, dass der Fernsehsender NBC bald eine Sitcom über ein paar liebenswerte Loser in einer Bar in Boston ausstrahlen wolle und dass die Erfinder dieser Serie "People Like Us" - mit ein paar textlichen Veränderungen - für geradezu ideal befunden hätten. Portnoy und Angelo hatten, ohne es zu wissen, die perfekte Titelmelodie zu Cheers geschrieben.

Nur: Der Produzent des Musicals weigerte sich, das Lied freizugeben - die Gelegenheit war dahin. "Gott sei Dank haben uns die Erfinder Glen und Les Charles noch eine Chance gegeben", sagt Portnoy, der heute 58 Jahre alt ist: "Das hätten sie nicht machen müssen. Aber sie haben offensichtlich etwas gehört, das ihnen gefallen hat." Er bekam das Drehbuch der ersten Episode zugeschickt, jedoch lehnten die Serienmacher sowohl eine veränderte Version von "People Like Us" als auch das melancholische Lied "Another Day" ab. Es brauchte eine gescheiterte Beziehung, damit Portnoy durch seinen Herzschmerz erkannte: "Es geht um eine verrauchte Bar um zwei Uhr morgens - ein bisschen wie die Szene, die Sinatra im Lied 'One More for the Road' beschreibt."

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