Puh, geschafft: Der "Büffel von Köln" musste sich nach zwei Niederlagen in Folge viel Spott seiner engsten Mitarbeiter anhören - und geriet in den Sport-Disziplinen seiner Durchhalte-Show mächtig ins Schwitzen. Mit dem selten wirklich gefährdeten Triumph über die 27-jährige Unternehmensberaterin Alexandra Stegmann restaurierte Stefan Raab seinen ramponierten Ruf. Nur mit einer Frage nach Lenas Sieger-Song "Satellite" blamierte sich Stefan Raab bis auf die Knochen.
Sympathiepunkte sammelte die 28. Ausgabe des zuletzt etwas lieblos abgenudelten Pro-Sieben-Klassikers dabei ausgerechnet mit denkbar unspektakulären, aber spannenden Spiel-Ideen, die ganz auf der familienfreundlichen Wetten, dass ..?-Linie nach dem Samuel-Koch-Trauma liegen. Mitte Januar hatte sich der unverbesserliche Ehrgeizling Raab, der auch diesmal während der ersten Handvoll Disziplinen verbissen, unhöflich und zappelig wirkte, in seiner letzten Verlierer-Show für eine Zielwurf-Wette noch auf einem Kranwagen in luftige Höhen geschraubt.
Nervenaufreibende Minigolf-Schlacht
Wie viel unschuldiger das Vergnügen diesmal: Beim Duell mit der Ex-Fußballspielerin Alexandra, die in der U-19-Nationalmannschaft gekickt hatte und vom Publikum als Raab-Aufbaugegner ausgewählt wurde, sorgten ausgerechnet vermeintliche Schnarch-Aufgaben für die aufgekratzten Aha-Momente.
Minigolf - wie aufregend! Stifte-Werfen - toll! Bauklötze balancieren - atemberaubend!
Wer hätte jemals gedacht, dass sich jeder, der demnächst einen Kindergeburtstag ausrichten und die junge Meute mit launigen Kniffen bei Laune halten muss, in der einstigen Testosteron-Show Anregungen holen kann? Einzige Voraussetzung: Bis zum bitter späten Show-Ende gegen halb ein Uhr nachts musste jeder, der sich für Partykeller-Späßchen inspirieren lassen wollte, trotzdem mal wieder durchhalten.
Dann nämlich landete Stefan Raabs fünfter "Bleier" endlich auf dem knapp zwei Meter entfernten Küchentisch, blieb liegen und machte den zuletzt etwas ergraut wirkenden Kindskopf zum Matchwinner. Ein einfach aussehendes, aber trotzdem teuflisch unberechenbares Geschicklichkeitsspiel, wohlgemerkt. Mit fliegenden Bleistiften, keinen rotierenden Kreissägen - und trotzdem ging der Pulsschlag hoch.
Ähnlich nervenaufreibend zuvor: die Minigolf-Schlacht. Konnte es wirklich wahr sein, dass die sympathische, aber sichtlich nervöse 27-Jährige ihre Chancen auf den 500.000-Euro-Koffer durch linkische Manöver mit dem Putter-Eisen wieder so leichtfertig verspielte? Gab es irgendein Wohnzimmer dieser Republik, in dem jemand Raab den Sieg gönnte? Wohl nicht.
Stattdessen große Anspannung auf dem Rasen - und eine Wettkampf-Atmosphäre samt hektischem Zuschauer- und Kommentatoren-Raunen, wie man es sonst vom Senioren- und Enkelkinder-Golfen wirklich nicht kennt. Schade nur, dass Alexandra, die insgesamt nur drei von 13 Durchgängen für sich entscheiden konnte (darunter eine Ball-über-die-Schnur-Variante aufgrund ihrer überlegenen Kondition), auch das Minigolfen versemmelte.
Gegen einen konzentrierten Gegenspieler, dem lösbare Allgemeinwissensfragen oder das gar nicht so rätselhafte Sprachphänomen "Partizip Präsens" kein übertriebenes Kopfzerbrechen verursachen, hätte Stefan Raab diesmal keine Chance gehabt. Kaum auszudenken, wie der pfiffige friesische Gedächtnistrainer, den das Publikum aber nicht in die Show wählen wollte, den Ex-Metzgerlehrling aus Köln vorgeführt hätte.
Dass den TV-Tausendsassa die Daueranspannung zwischen Eurovisions-Stress und Testosteron-Sperenzchen wie der x-ten Wok-WM auslaugt, erklärt auch die permanente Überreiztheit. Wie ein verhaltensauffälliger Zwischenrufer ließ sich Raab jede Wettkampf-Spielregel mindestens drei Mal erklären - was Moderator Matthias Opdenhövel nur sehr zurückhaltend auf die Palme brachte. "Gut zuhören", riet er einmal wie ein rücksichtsvoller Oberstudienrat, "dann entstehen vielleicht gar keine Fragen mehr".
"PS unter dem Popo"
Auf vermeintlich sicherem Terrain konnte Raab diesmal aber nicht mit großzügiger Samthandschuh-Behandlung durch sein Team rechnen. Zwar attestierte ihm Kommentator Frank "Buschi" Buschmann, der wie üblich nur aus dem Off zu hören war, korrekt, dass sich Stefan Raab immer dann besonders wohl fühlt, wenn er "PS unter dem Popo" spürt. Beim kniffligen Hovercraft-Rennen, das in der ansonsten eher liebenswert untermotorisierten Show wie ein Fremdkörper wirkte, trug er denn auch einen unangefochtenen Sieg davon.
Den geballten Spott bekam Raab dafür beim Eishockey-Match ab. Alexandra, die besser Schlittschuhlaufen konnte, brachte den ruppig anstürmenden "Büffel von Köln" (so Buschmann über Raab) fast komplett aus der Puste. Als "Krabbelkäfer" musste der sich verhöhnen lassen, als er einen knappen, aber letztlich unverdienten Sieg herausschinden konnte - und nach Abpfiff hyperventilierend und total geplättet auf dem Eis liegenblieb. "Kann den mal kurz jemand wiederbeleben?", scherzte Opdenhövel los und rieb mit vielen schmerzhaften Sticheleien Salz in Raabs Wunden. "So am Ende habe ich den Kollegen noch nie gesehen", lautete sein bitteres Fazit.
Raab humpelte weit abgeschlagen hinter der agilen Alexandra und Opdenhövel vom Außenbereich zurück vor das Publikum und musste sich Hohnsprüche anhören: "Jetzt sind es nur 150 Meter bis zum Studio", hieß es. Die einstige "Killerplauze" grollte.
Trotzdem: Weil sich Alexandra Stegmann, der im Laufe der langen Sendung keine zehn Sätze zu entlocken waren, immer wieder verzockte und sie keinen einzigen Quiz-Durchgang am berühmten Buzzer-Knopf gegen Raab gewinnen konnte, blieb sie chancenlos. Wenn auch die Ahnungslosigkeit - etwa bei der Schlag den Raab-Paradedisziplin "Blamieren oder kassieren" - meist gerecht verteilt wirkte. Der ProSieben-Mann hatte lediglich den alten Sieger-Instinkt reaktiviert.
Nur ein Hieb, den Alexandra überraschend platzieren konnte, saß wirklich: Sieben rückwärts gespielte Pop-Songs konnte sie wieder einmal überhaupt nicht erkennen und überließ alle Punkte dem Namensgeber der Show. Außer beim einzigen Übunglauf vor Beginn der Übung - da konnte Alexandra den Titel unzweideutig identifizieren: Es war Lena Meyer-Landruts fast weltberühmter Eurovisions-Hit Satellite - was Stefan Raab, der völlig auf dem Schlauch stand, ehrlich zu verblüffen schien. Matthias Opdenhövel wirkte für einen Moment sprachlos. Dann half er Raab, die Peinlichkeit wegzulächeln.
Es ist nicht leicht, öffentlich in Würde zu altern. Aber es war diesmal lustig, Raab dabei zuzusehen.