ARD-Fernsehfilm:Liebe über den Tod hinaus

Lesezeit: 2 min

Thekla Carola Wied ist großartig als Martha Liebermann; sie spielt Haltung und Würde, ohne viel Aufwand, aber mit allergrößter Überzeugung. (Foto: Stanislav Honzík/ARD Degeto)

Thekla Carola Wied beeindruckt als Max Liebermanns Witwe in "Martha Liebermann - Ein gestohlenes Leben".

Von Egbert Tholl

Hängt es richtig? Ein bisschen tiefer? Oder doch höher? Martha Liebermann steht im Salon der herrschaftlichen Villa am Wannsee und überlegt, auf welcher Höhe sie sich selbst sehen will, gemalt von Anders Zorn im Jahr 1896. Sie kann sich nicht so recht entscheiden, fragt Luise, eine der zahlreichen Hausangestellten, um Rat. Die, ganz forsche Berlinerin, weiß sofort, wie es richtig sein muss. Und dann verlischt das Licht in der frohen, heiteren Szene, aus dem Radio tönt es von Krieg und Tod, durchs Fenster sieht man geisterhaft Truppen marschieren, Gestapo-Männer verwüsten die Villa.

Stefan Bühling hat Martha Liebermann - Ein gestohlenes Leben gedreht, hat dafür den biografischen Roman "Dem Paradies so nah. Martha Liebermann" von Sophia Mott adaptiert und Thekla Carola Wied ins Zentrum seines Films gestellt. Wied ist großartig. Zu keiner Sekunde denkt man an die heiteren Fernsehserien, mit denen sie bekannt wurde, sie spielt hier ein Monument der Liebe, der Sorge, des Kummers. Und sie spielt Haltung und Würde, ohne viel Aufwand, aber mit allergrößter Überzeugung. Im Sommer erhielt sie dafür den Darstellerpreis des Festival international de Télévision de Monte-Carlo.

Martha (Wied) mit ihrem Mann, dem Maler Max Liebermann (Rüdiger Vogler). (Foto: Jan Prahl/ARD Degeto)

Kurz zeigt Bühling, wie herrlich das Leben einst war. Martha und ihr Mann Max im Garten der Villa, er schenkt ihr, "dem gütigsten Menschen", einen Ring, Familienerbstück, weil "ein Stück Martha in jedem meiner Bilder steckt". Von Max Liebermann, dem weltberühmten Maler auch der einfachen Menschen - einmal wird man im Hintergrund seine "Gänserupferinnen" sehen -, dem Impressionisten, der den Reichspräsident Hindenburg malte und von ihm geehrt wurde, stammt angeblich der Ausspruch: "Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte." Damit kommentierte er die Machtergreifung der Nazis 1933, er zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück, starb 1935. Martha blieb zurück, mit den Bildern, mit den Erinnerungen und mit Luise, großartig und anrührend gespielt von Lana Cooper.

Bühling inszeniert ein hochkonzentriertes Kammerspiel und einen detailliert gezeichneten Thriller voller historischer Wahrheit gleichermaßen. Berlin, 1943. Martha lebt nun in einer Wohnung, voll mit Bildern. Luise ist bei ihr, dürfte als "Arierin" gar nicht bei ihr, der Jüdin, arbeiten, kann und will sie aber nicht alleinlassen. Liebermanns Konten haben die Nazis gesperrt, die Bilder stehen auf einer Inventarliste. Noch erscheint eine Ausreise möglich, Schweden oder die Schweiz, weiter in die USA, wo die Tochter schon seit fünf Jahren lebt. Ein Widerstandskreis um Johanna Solf (Fritzi Haberlandt) will helfen, aber es fehlt an Geld. Und stets lauert Teubner, der Gestapomann (Franz Hartwig), ein eisiger Spürhund, der über Liebermann an die Widerständler herankommen will, falsche Hoffnungen lanciert, Verrat schürt.

Schließlich handelt Martha selbst. Näht den Judenstern auf den Mantel, verlässt nach langer Zeit die Wohnung. Will die Dinge ordnen - und entscheidet sich anders. Martha Liebermann nimmt Veronal, weil sie sich von den Erinnerungen an ihre Lebensliebe nicht trennen kann, weil sie niemanden in Gefahr bringen will. Im Krankenhaus ist Luise bei ihr. Bis zum Tod.

Martha Liebermann - Ein gestohlenes Leben, Das Erste, Montag, 20.15 Uhr, und bereits jetzt in der ARD-Mediathek.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Thekla Carola Wied
:"Sie haben sich eine Mutter wie mich gewünscht"

Thekla Carola Wied spielte die herzliche Angie in der Serie "Ich heirate eine Familie". Seither ist sie auf Mutterrollen festgelegt. Doch damit gibt sie sich nicht zufrieden.

Von Gerhard Fischer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: