Netflix-Reality-Serie "The Mole":Was würde ich tun?

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Wer ist der Maulwurf? Joi, Will, oder doch Avori? Szene aus "The Mole". (Foto: Netflix)

Die Neuauflage der Spielshow "The Mole" auf Netflix gehört zu den besten Reality-Formate derzeit. Warum sie alle anderen in den Schatten stellt.

Von Jürgen Schmieder

Joi muss der Maulwurf sein. Warum sonst sollte sie 25 000 Dollar aus dem Prämien-Pot der Teilnehmer entfernen, um selbst im Spiel zu bleiben? Halt: Es muss Avori sein. Sie hatte absichtlich etwas fallen lassen und damit eine Aufgabe vermasselt - oder wollte sie damit nur den Verdacht auf sich lenken? Oder ist es Will, der ein ganz perfides Spiel spielen könnte. Ja, so geht es zu bei der Spielshow The Mole, und irgendwann denkt man: Himmelherrgott, wer ist es denn nun? Man sitzt vor einem der besten Reality-Formate derzeit, aus mehreren Gründen.

Es gibt die Show seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen Ländern; in Deutschland war sie 2000 mit Tennisprofi Michael Stich und ein Jahr später mit Steven Gätjen als Moderator zu sehen. Das Grundkonzept damals wie heute: Eine Gruppe erspielt in verschiedenen Prüfungen möglichst viel Geld, das am Ende aber nur die Person kriegt, die übrig bleibt. Es gibt unter ihnen einen Verräter, der Prüfungen sabotiert; in jeder Folge müssen die Teilnehmer 20 Multiple-Choice-Fragen beantworten, die mit dem Störenfried zu tun haben. Wer am wenigsten richtig beantwortet, fliegt raus.

Am Ende geht es nicht nur darum, den Täter zu finden. Jeder Teilnehmer hat ein Motiv, selbst Täter zu sein - um sich zum Beispiel das eigene Überleben zu sichern. Oder den Ansporn, sich so zu verhalten, dass er den Verdacht auf sich lenkt, damit die Antworten der anderen beim Test möglichst falsch sind. Irgendwann rätseln die Zuschauer nicht nur, wer der Maulwurf sein könnte, sie grübeln auch: Was würde ich tun?

Und plötzlich bemerkt man, was einen an den anderen Sendungen so nervt; also zum Beispiel Survivor, die legendäre Dschungel-Show, seit mehr als 20 Jahren weltweiter Quotengarant. Dort gewinnt nicht, wer tatsächlich auf der einsamen Insel überleben würde - im Gegenteil: Es gibt den Anreiz, die Stärkeren aus dem Rudel heraus zu wählen fürs Überleben der Langweiligeren.

Endlich ein Spiel, bei dem tatsächlich der gewinnt, der es am besten spielt

Oder Dating-Shows wie Liebe macht blind, The Ultimatum und Finger Weg!: Teilnehmer werden in psychologische Experimente verwickelt, alles ist auf maximales Drama ausgelegt, man sieht uninteressanten Menschen dabei zu, wie sie über Beziehungen philosophieren - obwohl sie in jeder Minute beweisen, null Ahnung davon zu haben.

Oder jedes Talent-Format mit Jurys wie Deutschland sucht den Superstar etwa oder Germany's Next Topmodel: Nervtötend, dass die Tests oftmals so konzipiert sind, dass ein Ausscheiden oft nichts mit der Suche nach den Talentiertesten oder der Schönsten zu tun hat - ein Model, das wegen Spinnenangst an einer Prüfung nicht teilnimmt; ein Tattoo-Künstler, dessen Kunde nicht mit Schmerzen umgehen kann.

The Mole ist spannend, weil es schlüssig und doch knifflig ist; die Kandidaten müssen Prüfungen bestehen: Kraxeln über Abgründe, Gefängnisausbrüche, Banküberfälle, Rechnen, Rätseln oder Keine-Miene-beim-Chili-Essen-Verziehen. Nebenbei sollen sie den Verdacht steuern, dabei aber kein Geld verzocken, und herausfinden, wer der Maulwurf ist.

Am Ende gewinnt, wer dieses Spiel am besten gespielt hat. Die ersten acht Folgen sind derzeit bei Netflix zu sehen, die letzten beiden werden am Freitag ausgestrahlt; und damit endlich die Auflösung, weil es muss ja Avori sein. Oder Joi. Nein, doch Will. Himmelherrgott!

The Mole, auf Netflix.

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