"Tatort" aus Ludwigshafen:Mit Liebe gemacht

Lesezeit: 2 min

Nein, das ist nicht Dr. Boerne aus Münster, aber dessen bevorzugter Komponist Richard Wagner kommt auch hier groß raus: Nibelungen-Spezialist Dr. Albert Dürr (Heino Ferch) erklärt Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, links) und Johanna Stern (Lisa Bitter) die Sagenwelt. (Foto: Benoît Linder/dpa)

Im "Tatort" Ludwigshafen erzählen sie die Nibelungensage neu - das klingt gewöhnungsbedürftiger, als es tatsächlich ist.

Von Holger Gertz

Gelegentlich legt der Tatort seine Genrefesseln ab und wird mit anderen Formaten amalgamiert, das legendäre Murot-Abenteuer "Im Schmerz geboren" wurde vor fast zehn Jahren im Stil eines Shakespeare-Dramas erzählt. Und zum vergangenen Weihnachtsfest ermittelten die Münchner Francis Lightmyer und Detective Constable Ivor Partridge in einer Kostümklamotte nach Agatha Christie, verließen sich dabei aber zu sehr auf die Wirkung ihrer Verkleidung und Maske. Denn die Geschichte war nicht annähernd so eindrucksvoll wie die Barttracht der Kommissare.

Der SWR versucht sich mit der Episode "Gold" an einer Krimivariation von Richard Wagners "Ring"-Zyklus. Regisseurin Esther Wenger und ihre Autoren Fred Breinersdorfer und Katja Röder erzählen also die Nibelungensage neu. Der Tatort als Oper, und dann auch noch in Ludwigshafen, mit der routinierten Lena Odenthal? Kann das denn gutgehen? Es geht tatsächlich ganz gut, was auch damit zu tun hat, dass das Stück sich an seinem eigenen künstlerischen Anspruch nicht überhebt, es bleibt ein Krimi, wenn auch ein sagenhafter.

Der Bankfilialleiter Boris Wolter ist verschwunden, Fundstücke weisen darauf hin, dass er den Schatz der Nibelungen gefunden haben könne. Bei den Ermittlungen werden Sagenwelt und Ermittler-Alltag immer wieder miteinander in Berührung gebracht, Wellgunde, Woglinde und Floßhilde begegnen Lena und Johanna, und auf diese Weise beginnen sogar die vielkritisierten klassischen Ermittlerinnenfragen ein wenig zu schimmern: "Warum eigentlich hat Hagen von Tronje das Rheingold am Ende der Geschichte wieder im Fluss versenkt?", fragt die Kriminalhauptkommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter) den Direktor des Wormser Nibelungen-Museums. Der raunt: "Der Schatz ist verflucht."

In der Nibelungenstadt Worms, lernt man, versteht man zu genießen und zu fluchen

Heino Ferch, Erzähler und wichtige Figur im Stück, spielt diesen Dr. Albrecht Dürr angemessen schmallippig, André Eisermann, international bekannt aus Kaspar Hauser und Schlafes Bruder, ist hier ein regional verwurzelter Hotelbesitzer mit dem Stimmklang der Provinz. Eisermann kommt aus Worms, dort versteht man zu genießen und zu fluchen: "Die hott de Deiwel im Galopp verlore." Aus seinem Mund: ein Gedicht.

"Gold" ist ein Experiment, man muss sich darauf einlassen und auch einlassen wollen, und wer vom Krimi einen Krimi erwartet, dem wird das nicht viel sagen. Aber auch derjenige wird anerkennen, dass das Szenenbild jedenfalls beeindruckend ist und auch die Art, wie Robert Schulte-Hemming und Jens Langbein hier Elemente aus Wagners Opern zu einer ganz eigenen Krimifilmmusik verdichtet haben.

Mit Liebe gemacht, dieser Tatort.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

Weitere Serienempfehlungen finden Sie hier .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ Plus"Tatort" Münster
:Alberich bleibt Alberich

Die Schauspielerin Christine Urspruch hat in einem Interview über den Münster-"Tatort" und ihre Rolle geplaudert. Wie daraus eine Falschmeldung wurde.

Von Claudia Tieschky

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: