Tatort-Nachlese:"Erst Streit, dann Sex, dann ist die Frau tot"

Lesezeit: 3 min

Thomas Jacobi (Martin Feifel) macht reinen Tisch vor Dr. Slowinski (Juliane Köhler), allerdings nur was eine seiner vier übrigen Liebschaften betrifft. (Foto: BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Hendrik Heiden)

Im München-Tatort führt ein kompliziertes Beziehungsgeflecht zunächst zu viel Herzschmerz und dann zu zwei Morden. Die Nachlese.

Von Paul Katzenberger

Erkenntnis:

Wenn Frauen fremdgehen, entsteht daraus oft Ungemach für jene beteiligten Männer, die ehrliche Gefühle haben. Das bekommt in dieser Tatort-Folge Kriminalhauptkommissar Ivo Batic schmerzlich zu spüren. Wenn allerdings Männer fremdgehen, dann folgt daraus Mord und Totschlag.

Eigentlich dreht sich der Fall jedoch um ...

... den Mord an der Kellnerin Verena Schneider, die von einer Nachbarin tot in der Tiefgaragenauffahrt vor ihrem Haus gefunden wird. Schnell führt die Spur zum Lebensgefährten des Opfers, dem snobistischen Architekten Thomas Jacobi (Martin Feifel). Wie eine weitere Nachbarin bezeugt, hatten die beiden kurz vor der Tat Streit. Doch Jacobi hat ein Alibi. Er gibt an, zur Tatzeit bei seiner Hausärztin Dr. Andrea Slowinski gewesen zu sein. Als sich herausstellt, dass sie nicht nur seine Ärztin, sondern ebenfalls seine Lebensgefährtin war und kurz darauf ebenfalls auf gewaltsame Weise ums Leben kommt, erhärtet sich der Verdacht gegen ihn. Denn Kommissar Kalli Hammermann erkennt ein Muster: "Erst Streit, dann Sex, dann ist die Frau tot." Zumal Batic und Leitmayr Wind davon bekommen, dass Jacobi Liebesbeziehungen zu weiteren Frauen unterhielt, die über Jahre hinweg nichts voneinander wussten. Nur eine weitere Liebhaberin - die ebenfalls mehrgleisig fahrende Julia Stephan (Anna Schäfer) - wusste von den anderen Frauen.

Und dann geht's doch ...

... um das große Thema Liebe. Also jene Angelegenheit, die die Menschen so glücklich macht wie nichts anderes, sie bisweilen aber auch in tiefe Verwirrung stürzt. Das merken in diesem Fall nicht nur die Frauen, mit deren Gefühlen der Tatverdächtige Jacobi ohne jede Rücksichtnahme spielt. Auch Hauptkommissar Batic ist wegen amouröser Konfusionen nicht so einsatzbereit, wie man es von ihm gewohnt ist: Sobald seine neue Liebschaft Josie (Viola Wedekind) pfeift, kommt er angelaufen wie ein Dalmatinerhund. Dabei bedürfte dieser Fall eher dessen ungeteilter Aufmerksamkeit als dieses verheiratete Früchtchen. Und auch Kommissar Kalli Hammermann stellt die Liebe immer wieder vor die Dienstpflicht. Er ist gerade mit seiner Flamme Kathi (Lotta Lubkoll) zusammengezogen, da zieht es ihn eher ins neue Liebesnest als ins Präsidium.

Tatort-Kolumne
:"Ziehst jetzt echt zsamm mit der?"

Die Münchner Kommissare verheddern sich im Beziehungsgeäst - und formulieren ziemlich platt, wenn es um die Liebe geht.

TV-Kritik von Holger Gertz

Bester Dialog:

Batic und Leitmayr suchen die Friseurin Heike Gonzor (Anastasia Papadopouslou) in ihrem Salon auf. Sie ist eine der vollkommen ahnungslosen Liebschaften Jacobis. Die Kommissare erkundigen sich nach dem Architekten und Gonzor fragt nach dem Warum.

Ivo Batic: Herr Jacobi steht unter Mordverdacht.

Heike Gonzor: Was?

Batic: Zwei seiner Lebensgefährtinnen sind tot. Sie wurden ermordet.

Gonzor: Lebensgefährtinnen?

Batic: Zwei seiner Freundinnen. Sie waren mehr als Freundinnen.

Leitmayr: Nach unserem jetzigen Ermittlungsstand hatte Herr Jacobi mit fünf Frauen gleichzeitig Beziehungen. Da sind Sie ... jetzt schon mit drin.

Top:

Man kennt es von jedem Politskandal: Wer ständig mit der Lüge lebt, der muss das gute Gespür des inkriminierten Politikers, Sportfunktionärs oder Vorstandsvorsitzenden haben, wann es an der Zeit ist, mit der Wahrheit scheibchenweise herauszurücken, um sich nicht noch unglaubwürdiger zu machen. Schauspieler Martin Feifel schafft es in der Figur des Thomas Jacobi, diese Durchtriebenheit grandios zu verlebendigen. Als ihn Batic und Leitmayr damit konfrontieren, dass er ihnen seine Beziehung zu Frau Dr. Slowinski verheimlicht hat, kapiert er sofort, dass es nun an der Zeit ist, ein Stück weit die Hosen herunterzulassen. Wie der das macht - zwischen kleinlaut gespielter Einsicht, frappierender Offenheit und kluger Nachfrage, ärgert die argwöhnischen Ermittler ungemein. Viel hilfloser können sie sich kaum fühlen. Doch wie wollte der Mann ansonsten die vielen liebestrunkenen Frauen bei der Stange halten, obwohl er sie ständig anlügt?

Flop:

So gut Feifel den Typus Jacobi trifft, so blass bleiben die anderen Figuren. Ist auch ein bisschen viel verlangt, wenn acht Schauspieler innerhalb von 90 Minuten sechs Liebhaberinnen und zwei Mördern Charakter einhauchen sollen. Dafür ist jeder Auftritt dann doch zu kurz.

Bester Auftritt:

Batic eilt nach seinem Schäferstündchen mit Josie mit gehöriger Verspätung zum Tatort. Dort versucht er, die Nachbarin Helga Maitz (Eva Ingeborg Scholz) zu vernehmen. Die alte Dame soll eine gute Bekannte der ermordeten Verena Schneider gewesen sein und den Schlüssel zu deren Wohnung haben. Rasch merkt der Kommissar, dass Maitz nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist - sie kann seinen Ausführungen kaum folgen. Doch der soeben vollzogene Liebesakt wirkt sich offensichtlich noch immer sehr positiv auf Batics Gemütszustand aus: Mit großer Duldsamkeit schafft er es, Frau Maitz zur Übergabe des Schlüssels zu bewegen. Eine Amour fou schränkt das Arbeitsvermögen also nicht nur ein, sie bringt durchaus auch Leistungskraft.

Die Schlusspointe:

Auch in Liebesdingen ist es essenziell, der Wahrheit ins Auge zu blicken, so schmerzhaft das ist. Denn wer es nicht tut, verschwendet Lebenszeit. Das kapiert im Laufe dieses Falls sogar der verknallte Ivo Batic. Dem Mörder von Verena Schneider ist genau diese Einsicht nicht vergönnt, was den Verlust an Lebenszeit für ihn dann extrem in die Höhe treibt.

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