Tatort aus Dresden:Rettungskräfte am Abgrund

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Ein undurchsichtiger Fall, der plötzlich dramatisch wird, sodass Karin Gorniak (Karin Hanczewski, l.) und Leo Winkler (Cornelia Gröschel) die Waffen ziehen. (Foto: Daniela Incoronato/MDR/MadeFor)

Im "Tatort" aus Dresden werden Sanitäter zu Opfern, und alle arbeiten trotz Grippe. Dieser Fall kränkelt an seiner überdeutlichen Botschaft.

Von Claudia Fromme

Das Sein bestimmt das Bewusstsein und somit auch die Sicht auf die Dinge. Und so kommt es, dass man sich in pandemischen Zeiten bei diesem Tatort manchmal schwer auf die Handlung konzentrieren kann. Dort hustet einer, da schleppen sich zwei fiebrig zum Dienst, ein Dritter wedelt minutenlang mit einer zerknüllten Rotzfahne. Grippesaison, wer sonst soll den Job übernehmen? Den Machern der Folge "Rettung so nah" aus Dresden ist beim Dreh die echte Seuche in die Quere gekommen. Wer derart krank den Dienst antritt, mag laut altem Drehbuch ein Held sein, in der neuen Normalität ist er: irre.

Der erste Teil des Films (Regie: Isabel Braak, Buch: Christoph Busche) wurde im vergangenen Jahr gedreht, als Corona erst langsam Fahrt aufnahm, der zweite nach wochenlanger Pause, als die erste Welle wieder abebbte. Alle Rotz-Szenen der frühen Dreharbeiten zu killen wäre wohl keine Option gewesen, die schönen Gebührengelder, außerdem sind sie das Grundrauschen dieser Folge: Rettungssanitäter und Polizisten opfern ihre Gesundheit für einen Job, den ihnen die verrohte Gesellschaft nicht einmal dankt. Ohne Zweifel ein wichtiges Thema. Die Sanitäterin sagt: "Wir werden ständig beschimpft, bespuckt, bedroht", und es klingt, als würde Frank Plasberg zur Talkrunde "Rettungskräfte am Abgrund" laden. Verstanden, es geht darum, etwas zu lernen.

Die Kommissarinnen ziehen die ausgeleierten Pulloverärmel über die Finger und diskutieren ihre Beziehung

Ein Rettungssanitäter wird im Einsatz am Dresdner Elbufer mit einer Plastiktüte erstickt, seine Kollegin Greta Blaschke (Luise Aschenbrenner) kann ihn nicht retten. Die Oberkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel ) ermitteln auf der Rettungswache, und plötzlich sind ziemlich viele verdächtig, noch einer stirbt und noch einer. Alle sind ständig müde und verschnupft, aber keiner von draußen fragt, wie es ihnen im Dienst geht, also müssen sie es ständig untereinander tun, damit der Zuschauer versteht, dass es darum geht, wie es Helfern geht - schlecht nämlich. So schleppt sich das hin, am Ende gibt es eine abrupte Auflösung, die wohl so sein muss, weil jede andere Spur so länglich auserzählt wurde, dass da nichts mehr überraschen würde.

Das große Rätsel bleibt, warum der feine Martin Brambach als Kommissariatsleiter Schnabel drehbuchgemäß wieder in der zweiten Reihe bleibt, während die Kommissarinnen sich weisungsgemäß die ausgeleierten Ärmel ihrer Strickpullover über die Finger ziehen und viel zu lange an der mauen Beziehungsgeschichte herumkauen, dass die eine die andere nicht im Krankenhaus besucht hat, als es ihr schlecht ging, und die andere sich nicht dafür entschuldigt hat. Das ist alles gut gemeint, aber so richtig gut ist das nicht.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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