"Tatort" Luzern:Der letzte Cocktail ist tödlich

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Lebhafter wird Kommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser) nicht in diesem Tatort. (Foto: ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler)

Unerwartete Wendungen? Sucht man vergeblich in dieser Schweizer Episode zum Thema Sterbehilfe. Aber verglichen mit einigen echten "Tatort"-Katastrophen ist "Freitod" im Großen und Ganzen unfallfrei.

TV-Kritik von Katharina Riehl

Eigentlich erstaunlich, dass sich der Schweizer Tatort erst in seinem elften Fall mit dem Thema Sterbehilfe auseinandersetzt. Von Bremen bis zum Bodensee packt die Krimireihe regelmäßig und mit heiligem Ernst das viel zitierte heiße Eisen an, und Sterbetourismus ins Nachbarland ist zumindest aus deutscher Sicht vermutlich eines der heißeren.

Der Tatort also wieder einmal als filmgewordene Erörterung, auf der einen Seite argumentiert die Organisation Transitus, die gleich in der ersten Szene einer kranken älteren Dame auf dem frisch gemachten Bett, neben einem weißen Blumenstrauß ihren letzten Cocktail serviert. In langen Gesprächen mit den Luzerner Kommissaren wird dann auch der Wert eines selbstbestimmten und würdevollen Todes gepredigt. Auf der Straße demonstrieren derweil die Vertreter der Gegenmeinung: Die religiöse Vereinigung Pro Vita kämpft gegen Sterbehilfe und darf ihre Argumente, ganz im Sinne des Pro und Contra, ebenfalls in länglichen Dialogen zum Besten geben.

Nun ist Hilfe zur Selbsttötung in der Schweiz ja aber legal, weshalb es noch einen anständigen Mord braucht, um aus dem brav inszenierten Schulaufsatz (Buch: Josy Meier und Eveline Stähelin; Regie: Sabine Boss) einen Krimi zu machen. Eine Mitarbeiterin des Sterbehilfevereins wird deshalb auf ihrem Weg durch den Park niedergeschlagen und mit einer Plastiktüte erstickt. Verdächtig sind die militanten Transitus-Gegner und der geistig verwirrte Sohn der eingangs verstorbenen alten Dame.

Ritschard und Flückiger geistern leblos durch die eigenen Nachforschungen

Das alles kommt zwar sehr lange ohne irgendeine unerwartete Wendung aus, verglichen mit einigen echten eidgenössischen Tatort-Katastrophen ist diese Episode im Großen und Ganzen aber unfallfrei.

Wirklich seltsam wirken nur wieder einmal die Kommissare Flückiger und Ritschard, die beide ohnehin ungern eine Miene verziehen. Im offensichtlichen Bemühen der Ermittler aber, sich in der Sterbehilfe-Debatte selbst ganz konsequent wie die Schweiz zu verhalten, geistern die beiden schon erstaunlich leblos durch ihre eigenen Nachforschungen.

Kurz vor Schluss gewinnt der Film an Tempo, auch weil sich die Geschichte im letzten Drittel doch noch ein Stückchen entfernt von ihrem pädagogischen Kern. Weil am Ende dieses Tatort kein Fazit zum Thema Sterbehilfe steht, sondern tatsächlich ein Kriminalfall.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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