Ein Tatort aus Dresden am Wochenende des Einheitsfeiertages, da möchte man der ARD-Programmplanung beinahe absichtsvolles Handeln unterstellen - sicher sein kann man allerdings nicht. Im Tatort vom Bodensee wurden vergangenes Jahr zu Erntedank Weihnachtslieder gesungen. Timing ist im Ersten Deutschen Fernsehen eher Glückssache.
Wie zufällig auch immer, der zweite Fall des neuen Ermittlerteams aus dem deutschen Osten passt wirklich ganz ausgezeichnet zu diesem Datum, erzählt der Film doch auch etwas über die Stadt, in der er spielt, und auf die am Wochenende, man darf das ruhig so pathetisch sagen, die ganze Republik schaut.
Man wird als erfahrener Tatort-Zuschauer zu Recht nervös, wenn eine Geschichte droht, gesellschaftlich relevant werden zu wollen. Wer den Schweizer Besinnungsaufsatz zur Sterbehilfe vor zwei Wochen gesehen hat, der weiß, wovon die Rede ist. Aber das Buch zu "Der König der Gosse" stammt, wie auch schon der erste Dresden-Fall, von Stromberg-Autor Ralf Husmann (gemeinsam mit Mika Kallwass) und ist kein Krimi über die Flüchtlingsproblematik in Sachsen. Diesem Tatort gelingt etwas, was dem Tatort viel zu selten gelingt: ein paar Anmerkungen über die Welt, wie sie ist, ganz beiläufig mit der Geschichte zu verweben.
Ermittelt wird der Mord an einem sehr vermögenden Sozialunternehmer. Drei ungewaschene und Unsinn redende Obdachlose hatten ihn als selbsternannte "Security" durchs Leben begleitet, konnten (oder wollten?) aber nicht verhindern, dass ihn einer von der Brücke schubste.
Getragen wird der Film von seinen Hauptdarstellern
Es geht um Armut, um Armut als Geschäftsmodell, und am Rande geht es auch um Willkommenskultur und die Frage, was viele arme Menschen aus fernen Ländern für die armen Menschen bedeuten, die schon da sind. Teil der Geschichte ist ein Theaterstück, in dem die Weltsicht besorgter Bürger von einem griechischen Chor besungen wird. Das ist lange nicht so bemüht, wie es klingt.
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Die Schauspielerin über graue Mäuse, prüfende Blicke in den Spiegel und ihren Stil auf der Tanzfläche.
Getragen wird der Film (Regie: Dror Zahavi) aber ohnehin von seinen Hauptdarstellern, von Alwara Höfels und Karin Hanczewski als Kommissarinnen, und von dem wirklich ganz großartigen Martin Brambach als Vorgesetztem mit dem genau richtig dosierten Touch von gestern. Nicht jede Pointe der drei sitzt, aber die Trefferquote ist schon ziemlich hoch.
Und ganz anders als zum Beispiel in Münster lässt das Drehbuch seine Figuren komisch sein, ohne Comicfiguren aus ihnen zu machen. Auch das ja: zu oft eher Glückssache.
ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.