Interessante Momente immer im Mikrokosmos Tatort: wenn Kommissare unterschiedlicher Teams sich endlich mal begegnen. Als Zuschauer kennt man sie so lange, oder glaubt sie zu kennen. Man beobachtet also gern, wie sie sich zueinander verhalten. In einer alten Folge band sich Kommissar Schimanski (Götz George) vor einem Werbeplakat seines Vorgängers Haferkamp (Hansjörg Felmy) mal die Schuhe, was nicht böse gemeint war, von Felmy aber als respektlos wahrgenommen wurde. Es ist also schwierig manchmal. In diesem Tatort begegnen sich München und Dortmund, im fußballerischen Bereich gilt diese Konstellation als Clásico, im kriminalfilmischen Bereich natürlich auch. Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) gastieren tatsächlich im runtergewohnten Dortmund, sie fragen, ob der Kaffeeautomat was taugt, aber da hängt ja schon ein handgekritzelter Zettel dran: "Schmeckt scheiße". Also grummeln und granteln sie rekordmeisterartig vor sich hin: "Wer leitet denn hier überhaupt die Ermittlungen?", fragt Batic. Und Leitmayr: "Wenn man das überhaupt so nennen möchte." Da kommt dann gottseidank der Dortmunder Chefermittler Peter Faber (Jörg Hartmann) um die Ecke und reagiert mit der Variation eines Klassikers aus der Sesamstraße: "Hätt ich gewusst, wir ham Besuch, hätt ich Kuchen mitgebracht."
Es geht im Jubiläumsfall "In der Familie" zum 50. Geburtstag des Tatorts um das Wirken der 'Ndrangheta, der kalabrischen Mafia in Deutschland. In der Dortmunder Pizzeria von Luca und Juliane Modica werden Drogendeals eingetütet, der Obermafioso Pippo ist dort untergetaucht, den nun die Münchner gern sofort festnehmen würden, weil er in München als Mörder gesucht ist. Die Dortmunder wollen ihn beschatten, um den ganzen Laden hochzunehmen, Julia Modica willigt ein, sich verkabeln zu lassen für die Observation. So werden auch die inneren Konflikte innerhalb des zusammengespannten Kommissarteams sichtbar gemacht. Wie viel darf ein Ermittler den Menschen zumuten, für den Erfolg? Fabers Kollegin Nora Dalay (Aylin Tezel) kommt da komplett an die Grenzen.
Das Stück von Dominik Graf (Buch: Bernd Lange) fängt verhalten an, es wird sehr viel geredet, aber ab der Mitte nimmt es Fahrt auf und endet absolut dramatisch. Sehr stimmungsvoll auch wieder die Musik von Florian van Volxem und Sven Rossenbach. Teil 2 folgt nächsten Sonntag, Regie dann: Pia Strietmann.
Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr