Affäre Schlesinger:Der Bonus, den es angeblich nie gab

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Er kennt kein Bonussystem im RBB, schafft es jetzt aber ab: Hagen Brandstäter, geschäftsführender Intendant des RBB. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Der RBB hat Gehälter und "leistungsorientierte Vergütungen" an der Senderspitze offengelegt. Über die Hintergründe des Systems, das es nicht mehr lange geben soll.

Von Aurelie von Blazekovic

Variable Gehaltsanteile - so wollte Hagen Brandstäter das verstanden wissen, was man gemeinhin einfach Bonus nennen würde. Prämie, Sonderzahlung, Geld jedenfalls, das man für besondere Leistungen zusätzlich zum Gehalt erhält. Patricia Schlesinger bekam es, so wie insgesamt 27 in der RBB-Führung. Die Geschäftsleitung und einige Abteilungsleiter wären so an der Erreichung bestimmter Unternehmensziele gemessen worden, erklärte der amtierende Intendant Brandstäter am Dienstag im Brandenburger Landtag. Ein Bonussystem aber habe es im RBB nicht gegeben, darauf beharrte er.

Nur einen Tag später veröffentlichte die Geschäftsleitung des RBB gegenüber der Belegschaft die Gehälter in der Senderspitze. Nicht nur die Grundgehälter, sondern auch die "leistungsorientierten Vergütungen", so viel Bemäntelung musste offenbar noch sein. Wie bei RBB24, der Nachrichtenseite des Senders, nachzulesen ist, erhält der Verwaltungsdirektor des Senders, der nun amtierende Intendant Brandstäter, 230 000 Euro Grundvergütung - und mehr als 30 000 leistungsorientierten Zusatz. Die Juristische Direktorin und der Produktions- und Betriebsdirektor erhalten knapp unter 200 000 Euro Grundgehalt und etwa 39 000 beziehungsweise 38 000 dazu. Der Programmdirektor, Jan Schulte-Kellinghaus, verdient 215 000 Euro, "leistungsorientiert" kommen knapp 31000 Euro hinzu.

Die Personalie, für die sich Belegschaft und Öffentlichkeit am brennendsten interessieren, fehlt: Patricia Schlesinger

Außerdem, teilte Brandstäter im RBB mit, haben die Mitglieder der Geschäftsleitung eine monatliche Kfz-Pauschale in Höhe von 500 Euro erhalten, eine steuerfreie Aufwandsentschädigung in Höhe von 250 Euro, und für die Zeit des ARD-Vorsitzes bis Ende Juli eine zusätzliche Vergütung von 1700 Euro brutto.

Bei aller späten Offenheit fehlt in dieser Auflistung die Personalie, für die sich Belegschaft und Öffentlichkeit am brennendsten interessieren: Patricia Schlesinger. Der Vertrag der zurückgetreten Intendantin befindet sich gerade in der Auflösung durch den Verwaltungsrat.

Die ARD veröffentlichte auch schon vor dem Skandal die Intendantengehälter. Demnach hat Schlesinger 303 000 Euro Grundgehalt erhalten - vor der umstrittenen Gehaltserhöhung von 16 Prozent waren es 261 000 Euro. Tatsächlich aber, schreibt am Donnerstag Business Insider, habe Schlesingers vertragliche jährliche Grundvergütung seit 2018 bei circa 285 000 Euro und von 2021 an bei rund 330 000 Euro gelegen. "Der Bluff", so das Wirtschaftsmagazin, sei möglich gewesen, weil der RBB die jährliche Grundvergütung nicht Grundgehalt nennt, sondern Basisgehalt.

Wie Brandstäter im Landtag erläuterte, erhielten Mitglieder der Geschäftsführung ihr vertragliches Gehalts als "Basisgehalt" bei Erfüllung ihrer "personalisierten Ziele". Die von der ARD veröffentlichte, niedrigere Grundvergütung wäre also nur dann wirklich das Gehalt von Schlesinger oder Brandstäter gewesen, wenn sie ihre Ziele verfehlt und einen Malus bekommen hätten. Bei normaler Leistung lag das Basisgehalt dagegen bereits 8,33 Prozent über dem Grundgehalt. Bei besonderer Leistung stieg die Zulage.

Schlesingers Gesamtbezüge im Jahr 2020 sollen sich laut Business Insider auf 347 000 Euro belaufen haben. Neben dem damals offiziellen Grundgehalt von 261 000 Euro habe Schlesinger eine Zielprämie von fast 62 000 Euro erhalten. "Gemessen an ihrem vertraglichen Basisgehalt entsprach das einer zusätzlichen Bonuszahlung von knapp 38 000 Euro", rechnet Business Insider vor . Zu ihrem Gehalt seien noch monatlich Aufwandpauschale, Familienzuschlag und geldwerte Vorteile gekommen, sodass Schlesinger 2021 annähernd 400 000 Euro vom RBB bekommen habe, während auf der ARD-Transparenz-Webseite von knapp hunderttausend Euro weniger die Rede war. Der RBB will "mit Rücksicht auf die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft keine Auskünfte zu Details der Amtsführung von Patricia Schlesinger" geben, das schließe ihre Bezüge ein. Schlesingers Anwalt Ralf Höcker war für eine Stellungnahme am Donnerstag nicht zu erreichen.

Die Genese der Boni im RBB erklärte Hagen Brandstäter im Landtag so: Seit 2005, also lange vor Schlesinger, habe es leistungsorientierte Zahlungen in der Senderspitze gegeben. 2018 wurde demnach ein neues System eingeführt, mit Unterstützung der Unternehmensberatung Kienbaum. Am Mittwochabend kündigte Brandstäter ein Ende der Bonuszahlungen an.

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