Radio-Feature "Kabuls Demokratie im Exil":Das Ende der Demokratie

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: SZ)

Im aktuellen ARD-Radiofeature spricht Franziska Sophie Dorau mit drei afghanischen Parlamentarierinnen, die vor den Taliban fliehen mussten.

Von Stefan Fischer

Sie hätte, sagt Suraya Akbari, sich nie vorstellen können, dass sie eines Tages eine Geflüchtete sein würde. Aber wer könnte das schon: sich ausmalen, dass er oder sie in drei oder zehn Jahren die Heimat wird verlassen müssen, Hals über Kopf, um auf gefährlichen Wegen einen Ort zu finden, der eine neue Bleibe und leidliche Sicherheit bietet, zumindest für geraume Zeit?

Suraya Akbari war Abgeordnete im Parlament von Afghanistan, eine von immerhin 69 Frauen in diesem Gremium. Als die Taliban nach dem Rückzug der US- und Nato-Truppen vor zwei Jahren wieder die Macht im Land übernommen haben, sind beinahe alle weiblichen Abgeordneten ins Ausland geflohen, die meisten von ihnen nach Kanada. Akbari lebt in Deutschland. Sie alle wurden von den Taliban sehr konkret mit dem Tod bedroht. Dass sie fliehen mussten, ist eine Tragödie. Dass sie fliehen konnten, ein Privileg.

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Akbari und zwei weitere - man muss sagen: ehemalige - afghanische Parlamentarierinnen, Homaira Ayubi und Shinkai Karokhail, hat Franziska Sophie Dorau nun gesprochen für Kabuls Demokratie im Exil, das von ihr recherchierte ARD-Radiofeature des Monats August, produziert vom SWR. Es wird an diesem Wochenende nicht nur von Bayern 2 gesendet, sondern unter anderem auch von NDR Info (Sonntag, 11.05 Uhr), WDR 5 (Sonntag, 13.04 Uhr) und HR 2 (Sonntag, 18.04 Uhr).

Es geht in dieser erhellenden Sendung um drei Dinge, die nicht isoliert voneinander betrachtet werden können: Da ist zum einen der Umstand, dass es Frauen wie diese drei überhaupt gibt. Denn für viele Männer in Afghanistan ist es nach wie vor unvorstellbar, sich von einer Frau repräsentieren zu lassen. Dieser zähe Kampf um Akzeptanz, unabhängig von der Macht der Taliban, ist die eine Ebene dieser Geschichte. Auf einer zweiten Ebene geht es um die Rückeroberung der Macht durch die Taliban, um den Zusammenbruch der zarten demokratischen Strukturen und die persönlichen Konsequenzen speziell für die Parlamentarierinnen. Und auf einer dritten Ebene um das, was seither geschehen ist: Da ist die Ohnmacht der Politikerinnen, die wenig ausrichten können aus dem Exil. Da sind die politischen Differenzen, die zwischen ihnen zum Teil bestanden haben und natürlich auch weiterhin bestehen - daran ändert das Exil wenig. Dorau stellt all das sehr anschaulich dar.

In einem sind sich die drei Frauen indes einig: Es würde, davon sind sie überzeugt, den Menschen in Afghanistan heute besser gehen, wenn sich die Weltmächte in den vergangenen Jahrzehnten nicht ständig in die Geschicke des Landes eingemischt hätten.

Kabuls Demokratie im Exil - Doku über afghanische Volksvertreterinnen , Bayern 2, 5. August 2023, 13.04 Uhr und ARD-Audiothek.

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