"Alle fünf Jahre ist es wirklich frustrierend, für den ORF zu arbeiten", schrieb Armin Wolf Ende Juli auf Twitter. Wolf, seit 2002 Nachrichtensprecher der ZIB 2, ist ein Gesicht des ORF, einer, der sich offene Kritik an seinem Arbeitgeber leisten kann. Es gebe wirklich spannende Medienleute in Österreich und Deutschland, doch keiner bewerbe sich für die ORF-Generaldirektion, "weil allen klar ist, dass der Job politisch ausgedealt wird. Es ist zum Weinen."
Am Dienstag wird ein neuer Generaldirektor oder eine neue Generaldirektorin für das ORF gewählt. Beschwerden über die politischen Einflüsse im ORF sind altbekannt und werden - je nach Sympathien und herrschenden Regierungsverhältnissen - alle Jahre wieder ausgetauscht.
Nun zeichnet sich eine deutliche Mehrheit für TV-Chefproducer und ORF.at-Geschäftsführer Roland Weißmann ab. Laut Informationen der österreichischen Nachrichtenagentur APA werden nach informellen Gesprächen am Wochenende auch die grünen Stiftungsratsmitglieder den ÖVP-Wunschkandidaten Weißmann unterstützen. Weißmann ist Vizefinanzdirektor des ORF und gilt als "Türkiser", steht also für die ÖVP von Sebastian Kurz.
Für die diesjährige Intendantenwahl sind 14 Kandidatinnen und Kandidaten angetreten. Über sie stimmt der Stiftungsrat ab, das Kontrollgremium des ORF, das sich, verglichen mit den Rundfunkräten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, sehr stark aus der Politik speist. Neun Mitglieder werden von der Bundesregierung entsandt, weitere neun von den Bundesländern, und sechs vertreten die Stärkeverhältnisse im Parlament. Der Rest kommt aus dem ORF-Publikumsrat und dem Zentralbetriebsrat. Im aktuellen ORF-Stiftungsrat ist nun eine große Mehrheit ÖVP-nah. Kaum noch Chancen ausrechnen darf sich nun der jetzige Generaldirektor Alexander Wrabetz, der sich erneut bewirbt.
Der 61-Jährige engagierte sich einst im Umfeld der SPÖ und leitet den ORF seit 2007. Chancen wurden auch der Chefin von ORF 1, Lisa Totzauer, eingeräumt, aber das türkise Lager hat sich wohl für Weißmann entschieden.
Am Dienstag müssen sich die Bewerberinnen und Bewerber einem nicht-öffentlichen Hearing stellen. Anschließend wird per Handzeichen gewählt und über den, wie Armin Wolf sagt, wichtigsten Medienjob in Österreich entschieden. Wer also über 3000 Mitarbeiter, das ORF-Fernsehen und zwölf Radioprogramme das Sagen haben wird.