Comedy-Serie mit Nicolas Cage:Die Kunst des Fluchens

Lesezeit: 2 min

Wenn man so gelehrt dreinschaut wie Nicolas Cage, kann man fabelhaft über alles reden - auch über die übelsten Schimpfwörter. (Foto: Adam Rose/Netflix)

"Die Geschichte der Schimpfwörter" erzählt lustig und ein bisschen irre von der unterschätzten Bedeutung vulgärer Ausdrücke.

Von Aurelie von Blazekovic

Was verboten ist, wird bekannterweise nur reizvoller. Das Fluchen in der englischen Sprache, und im amerikanischen Raum im Besonderen, ist deshalb eine andere Sache als das schnöde deutsche Schimpfen, eine kulturelle Praxis von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Das beginnt man zumindest in der höchst unterhaltsamen ersten Staffel der Serie Die Geschichte der Schimpfwörter zu verstehen.

Der Schauspieler Nicolas Cage empfängt in der Netflix-Serie als irrwitziger Gentleman im Kaminzimmer, bereit, seine Zuschauer durch Geschichte, Bedeutung und Zukunft großer englischer Schimpfwörter zu führen. Zunächst holt er zu einem mächtigen Urschrei aus: Fuuuuuuuuck! In der ersten der sechs Folgen geht es um das kraftvollste und schönste aller bösen Wörter im Englischen: Fuck. Kein anderes sei so kreativ einsetzbar und in seiner Bedeutung so vielfältig. "Fuck ist der Tom Hanks der Schimpfwörter," erläutert die fabelhafte Komikerin Nikki Glaser, "es kann alles sein und tun und geht uns dabei nie auf die Nerven."

Das belegen sehr überzeugend die Sprachexperten, die in der Serie ausführlich zu Wort kommen: Linguisten, unter anderem eine Wörterbuchautorin, die sich dafür einsetzte, dass dem Wort "bitch" im englischen Duden-Äquivalent Merriam-Webster neben seiner ursprünglichen Bedeutung ("weiblicher Hund") vor ein paar Jahren endlich auch seine beleidigende Verwendung als Verunglimpfung für Frauen angefügt wurde. Außerdem fluchfreudige Comedians wie Sarah Silverman, Nick Offerman, ebenjene Nikki Glaser oder London Hughes. Letztere ist Britin und bestätigt: Nirgendwo kann man mit Schimpfwörtern so schön schocken wie in den USA. Garniert ist die Serie mit witzigen Animationen und zusammen mit Nicolas Cage als lustiger Erkläronkel ist das bestes Infotainment über die Kraft des Schimpfens.

Auch die Komikerin Sarah Silverman erweist sich recht fluchfreudig, wenn es darum geht, in "Die Geschichte der Schimpfwörter" etwas beizusteuern. (Foto: Netflix)

In den USA wird Musik mit expliziten Texten in Radio und Fernsehen zensiert dargeboten, gleichzeitig kommen von dort kulturelle Produkte in ungeahnter Vulgarität. Sei es der bodenlos versaute Song "WAP" von Cardi B aus dem vergangenen Jahr, der Protestsong "Fuck Tha Police" der Hip-Hop-Gruppe N.W.A von 1988 oder das 1939 erschienene Filmepos Vom Winde Verweht, in dem Clark Gable frivolerweise "Frankly, my dear, I don't give a damn" sagt - das Wort "damn" war bis dahin tabu auf der Leinwand. Es trägt zum Spaß bei, dass, damals und heute, schmutzige Texte wie auf Knopfdruck Menschen auf den Plan rufen, die sich um die Moral sorgen. So folgt auch die Motion Picture Association, die in den USA Altersempfehlungen für Filme ausspricht, vergleichsweise rigiden sprachlichen Maßstäben. In einem Film mit Bewertung PG-13, der also mit elterlicher Aufsicht auch unter 13-Jährigen zuzutrauen ist, darf nach Belieben "shit" gesagt werden, das Wort "fuck" aber höchstens einmal zu hören sein - und zwar nur, wenn es sich nicht auf Sex bezieht.

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Schauspieler Isiah Whitlock Jr. gibt sein legendäres "Shiiiiiiit" aus der Serie "The Wire" zum Besten

Es geht in Die Geschichte der Schimpfwörter also viel um die gesellschaftliche und emotionale Katharsis, die ein gut eingesetztes Schimpfwort auslösen kann. Studien, so lernt man, zeigen sogar, dass Fluchen die Schmerztoleranz erhöhen kann. Nebenbei gibt der Schauspieler Isiah Whitlock Jr. sein legendär langgezogenes "Shiiiiiiit" zum besten, das er unter anderem in der Serie The Wire populär machte. Aber nicht Whitlock und auch nicht Samuel L. Jackson, der als Connaisseur des Fuck gilt ("motherfucking snakes on this motherfucking plane"), ist der Schauspieler mit den meisten Filmflüchen: Diesen ersten Platz nimmt Jonah Hill in Anspruch, allein in seiner Rolle als überdrehter Banker in Wolf of Wall Street brachte er es auf 107 Flüche.

Wem das alles zu amerikanisch wird, kann sich in der letzten Folge auf den Auftritt eines deutschen Schimpfworts freuen, dessen Wunderlichkeit erst beim Übersetzen offenbar wird: Arschgeige.

Die Geschichte der Schimpfwörter, Netflix.

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