Maischberger:An Söder bleibt was hängen

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Markus Söder zu Gast bei Sandra Maischberger. Hier in einer Sendung von Anfang Juni. (Foto: Oliver Ziebe/dpa)

In der Sendung von Sandra Maischberger sitzt CSU-Chef Markus Söder auf der Anklagebank. Wegen Corona. Und wegen seines Umgangs mit einem gewesenen Kanzlerkandidaten.

Von Roman Deininger

Armin Laschet hat große Erwartungen geweckt, günstig für ihn ist allerdings, dass er sie am Mittwochabend ausnahmsweise nicht selbst erfüllen muss. Das bleibt an Markus Söder hängen.

Laschet war kürzlich bei Sandra Maischberger in der ARD zu Gast, die Unterhaltung der beiden entwickelte sich dergestalt, dass man sich fragte, ob die Moderatorin diese Therapiestunde dem Konrad-Adenauer-Haus wohl in Rechnung stellt. Söder war nicht dabei, aber dennoch im Mittelpunkt. Der CDU-Chef Laschet gönnte seinem Wahlkampffrust über den CSU-Chef Söder erstmals ein halbes Stündchen Auslauf: Das Scheitern seiner Kanzlerkandidatur habe auch mit "Einflüssen" zu tun gehabt, erläuterte er, und er machte sehr klar, dass er den schädlichsten aller Einflüsse für bayerisch hielt. "Markus, lass es" - das sei nach jedem Querschuss aus dem Süden seine ebenso flehentliche wie unerhörte Bitte gewesen.

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Und nun ist also Söder bei Maischberger zu Gast, Rückspiel könnte man sagen, 1. FC Nürnberg gegen Alemannia Aachen, und wenn man einberechnet, dass Söder nicht gerade als Selbstbeherrschungsmonster gilt, darf man durchaus gespannt sein auf beste Fernsehunterhaltung ganz ohne Thomas Gottschalk. Allein, vor die Aufarbeitung zwischenmenschlicher Dramen hat Maischberger die seriöse Analyse der Pandemielage gestellt, die mit der Einblendung einer faktisch und grafisch furchterregenden Inzidenzkarte des Freistaats Bayern eingeläutet wird. Was folgt, kann man sich als staatsanwaltliche Befragung des schwer tatverdächtigen Ministerpräsidenten vorstellen. Dem Angeklagten kommt dabei zugute, dass er nicht wirklich neben Maischberger sitzt. In der Pandemie reist Söder am liebsten bequem per Videoschalte.

Sehr lange geht es darum, wer früh gewarnt (Lauterbach, Drosten) und wer doch erst spät gehandelt hat (Söder, Spahn), ein möglicherweise notwendiges, aber auch absolut nicht zielführendes Interviewritual in Corona-Jahren. Maischberger fragt Söder unter anderem, wie er angesichts von Welle vier nur auf die Idee kommen konnte, im Oktober Clubs und Discos zu öffnen. Kann man fragen. Aber man kann auch Söders inneres Köcheln verstehen, denn bis vor wenigen Wochen ist er bei solchen Gelegenheiten ja immer gefragt worden, wie er nur auf die Idee kommt, als Einziger Clubs und Discos bis Oktober geschlossen zu halten. Ungefähr in diesem Moment fällt einem auf, dass die Türme der Münchner Frauenkirche auf Söders Bildschirmhintergrund aussehen wie riesige Booster-Spritzen.

"Ich muss einhaken" - "Sehr gern"

Unter Aufbietung aller Reserven ("Ich muss einhaken" - "Sehr gern") gelingt es Maischberger dann doch noch, Söder wenigstens indirekt das Geständnis abzuringen, dass auch in Bayern nicht alles absolut perfekt gelaufen sei. Schockstarre in deutschen Wohnzimmern! So kann Söder den Corona-Teil des Zwiegesprächs natürlich nicht enden lassen. "Es gibt eine moralische Impfpflicht", sagt er, und das Studiopublikum klatscht so einverstanden, als wäre noch mal März 2020. Maischberger lenkt das Gespräch nun aber geschmeidig auf den Sommer 2021, und es ist nicht völlig auszuschließen, dass ein ganz bestimmter Gebührenzahler auf der Couch in Aachen-Burtscheid jetzt den Helm aufsetzt.

Einspieler, die ultimative Chartshow der größten politischen TV-Momente, Platz 134. Laschet sagt, er habe Söder nicht nur einmal angerufen und gesagt: "Markus, lass es." Warum habe er seine Gemeinheiten denn nicht einfach gelassen, will Maischberger nun von Söder wissen. Der beteuert erst mal anrührend, dass er die offenbar garstige Sendung gar nicht gesehen habe. Außerdem sei er "der festen Überzeugung, dass man aus vertraulichen Telefonaten relativ wenig erzählt". Aber das könne natürlich "jeder halten, wie er will". Er wolle jetzt jedenfalls nur noch nach vorne schauen. "Nee", ruft Maischberger. Sie müsse noch mal nach seinen Fehlern im Umgang mit Armin Laschet fragen. "Sehr gern", sagt Söder. Man kann sich diesen Mann gut beim Zahnarzt vorstellen: "Im Unterkiefer müssen wir die 33 bis 38 reißen." - "Sehr gern."

Man habe "keine Harmonie herstellen können" in der Union, gesteht Söder dann zu, aber bevor der Gedanke in Selbstkritik abgleitet, sagt er: "Das hätte anders sein können, wenn das Verfahren anders gewesen wäre" - er meint die interne Kandidatenkür. Ob das bei ihm so sei wie bei Franz Beckenbauer, erkundigt sich Maischberger tapfer: die vollkommene Unfehlbarkeit? Nein, nein, sagt Söder in Vorfreude des Sprüchleins, das er gleich zum Besten geben darf: "Der Kaiser ist der Kaiser, und ich bin nur der Markus." Er, der Markus, mache "den ganzen Tag Fehler". Er gibt sie nur nicht allzu gern zu, und das verbindet ihn dann womöglich doch wieder mit Armin Laschet.

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