Friedrich Merz bei Markus Lanz:Ein Mann der Kon-se-quenz

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Markus Lanz hat Friedrich Merz zu Gast. Ist er Muttis neuer Mann der Mitte? (Foto: ZDF und Markus Hertrich)

Corona ist wieder da. Und Friedrich Merz auch. Zum dritten Mal will er CDU-Parteichef werden. Und gibt sich plötzlich als Mann der Mitte.

Von Roman Deininger

Die Sendung, das muss man Markus Lanz lassen, braucht nicht lange, um in Schwung zu kommen. Der Moderator begrüßt Friedrich Merz im Hamburger Studio mit einem rustikalen Charme, den man sich auch bei Markus Söder vorstellen könnte, wenn er den lästigen Merz mal in der Münchner CSU-Zentrale empfängt. "Corona ist wieder da. Und dieser Mann ist auch wieder da", sagt Lanz, nur um den Spruch im selben Atemzug mit der Fußnote zu versehen, die zwei Dinge könne man natürlich unmöglich vergleichen. Oder bloß ein bisschen: "Mit beidem haben wir eigentlich nicht mehr gerechnet."

Und so ist es ja auch. Friedrich Merz, 66, alsbald rentenberechtigt, ist zwei Mal mit seiner Bewerbung um den CDU-Vorsitz gescheitert, einmal öfter als es die meisten überhaupt versucht hätten. Und doch sitzt er jetzt - beim dritten Mal - als klarer Favorit hier bei Markus Lanz, der die CDU quasi ehrenamtlich bei der Präsentation des Kandidatenfeldes unterstützt. Er glaube, sagt Merz mit stabilem Selbstbewusstsein, dass er "bei den Mitgliedern die Mehrheit habe". Allein: Wer das Ding wuppt, das ist gar nicht die Frage, die Lanz im weiteren Verlauf der Sendung am brennendsten beschäftigen wird.

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Erst mal will ohnehin die aktuelle Pandemielage erörtert werden, was der nüchterne Epidemiologe Timo Ulrichs sympathischerweise mit einem Pils auf dem Beistelltisch erledigt. Zusammen mit den Journalistinnen Corinna Milborn und Kerstin Münstermann komplettiert er die Runde. Merz trägt die Forderung nach strikten 2-G-Regeln bei, "in allen Gebäuden, am Arbeitsplatz, im Bundestag und am Fußballplatz". Selbst den Profis seines Lieblingsklubs Borussia Dortmund würde er sagen: "Entweder du lässt dich impfen, dann spielst du, oder du lässt dich nicht impfen, dann spielst du nicht." Da müsse das Land endlich mal "konsequent" sein, findet Merz - keiner sagt so schön "konsequent" wie er, es klingt, als unterrichte er Deutsch als Fremdsprache und heute sei Silbentrennung dran: kon-se-quent.

Ob sein 2-G-Vorschlag nun eine direkte, indirekte oder gar keine Impfpflicht bedeuten würde, lässt Merz sich vom beherzt anrennenden Lanz nicht entlocken. Dafür ringt der Gastgeber durch Vorhalt alter Belastungszitate Merz noch das Geständnis ab, dass er die "Dramatik der Lage" lange "unterschätzt" habe.

"Warum trauen Sie nicht einer Frau zu, Generalsekretärin zu werden?", fragt Lanz

Dann wendet sich das Gespräch der CDU zu. Der Kandidat Merz braucht keine zwei Minuten, um das erste, aber gewiss nicht das letzte Mal die überragende Bedeutung seines "Teams" zu betonen. Sollte er an die Parteispitze gewählt werden, möchte er den Berliner Mario Czaja zu seinem Generalsekretär machen und die Baden-Württembergerin Christina Stumpp zu dessen Stellvertreterin. Das will ihm Lanz so nicht durchgehen lassen.

"Warum trauen Sie nicht einer Frau zu, Generalsekretärin zu werden?", fragt Lanz. Damit sind die Ermittlungen in der großen Frage des Abends eröffnet. Merz beteuert, dass Stumpp sich auch um ihren 15 Monate alten Sohn kümmern wolle, deshalb stehe sie nur für den Vize-Posten zur Verfügung. "Das muss ich heute akzeptieren, dass das so ist", sagt Merz. Als Vorsitzender wolle er die Partei schließlich familienfreundlicher gestalten. Er selbst bedauere ja im Rückblick, "dass ich mir die Zeit für meine Kinder nicht genommen habe".

Friedrich Merz, so viel steht fest, hat mit den gesellschaftlichen Realitäten Frieden geschlossen, oder zumindest einen Waffenstillstand. Lanz ist noch nicht ganz überzeugt: Diese soziale Ader, die sei doch neu, oder? Die vormalige Blackrock-Spitzenkraft Merz zeigt sich angemessen empört: "Das ist keine plötzliche Entdeckung, Herr Lanz!"

Schnellfragerunde. Ehe für alle? Bleibt. Atomausstieg? Bleibt. Wehrpflicht? Komm nicht wieder. 1,5-Grad-Ziel? Gilt. Einen hat Lanz noch. Frauenquote? Notfalls ja, sagt Merz. Hardcore-Fans des alten Friedrich winden sich nun mutmaßlich mit Bauchkrämpfen in ihren Ohrensesseln. Aber CDU-Vorstandswahlen, das hat ihr Mann bei den ersten beiden Versuchen gelernt, gewinnt man halt nur in der Mitte.

In der Kon-se-quenz seiner Wandlung erinnert dieser neue Merz beinahe ein bisschen an den neuen Söder. Es ist kurz vor Mitternacht und die Sendung fast vorbei, als Friedrich Merz wenigstens ein Mal, ein einziges Mal das Wort "Privatwirtschaft" über die Lippen bringt.

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