Live-Übertragung der Fußball-EM:Unstimmigkeiten im Team Europa

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Live muss live sein. Mit dieser Forderung haben sich ARD und ZDF an die Uefa gewandt, weil diese in ihre Übertragung von der Fußball-EM vorproduzierte Bilder einschmuggelt. Der europäische Fußballverband gelobt zwar Besserung. Doch die ist womöglich schwerer als gedacht.

Christopher Keil

Sie haben gesprochen, die Vertreter der europäischen Fußball-Union (Uefa) und der Vertreter von ARD und ZDF, was in diesem Fall SportA-Geschäftsführer Adrian Fikentscher war. Die SportA ist die Sportrechte-Agentur der öffentlich-rechtlichen Sender, ein Tochterunternehmen, und es ging beim Treffen mit Uefa-Managern um die Events SA, ein Tochterunternehmen der Uefa.

Die Fernsehkameras haben das ganze Geschehen im Blick - aber was davon den Weg auf die Bildschirme findet, entscheidet die Uefa. (Foto: AFP)

Beim EM-Spiel der Deutschen gegen die Niederlande war in der vergangenen Woche eine Szene in die laufende Übertragung geschnitten worden, die Joachim Löw scherzend mit einem Balljungen zeigte. So etwas nennt man, ein bestimmtes Bild nachreichen und geht davon aus, dass es sich soeben zutrug, während des Spiels also.

Tatsächlich war der "luschtige" Bundestrainer vor dem Anpfiff entstanden, die Uefa hatte Deutschland gegen Holland fiktionalisiert, außerdem in anderen Partien qualmende Bengalos, Protestplakate und einen Flitzer ausblenden lassen. Heile Welt Fußball.

ARD und ZDF verschickten einen Protestbrief: Live müsse live bleiben, stand sinngemäß drin. Nun geloben die machtbewussten Uefa-Führer Besserung, auf missverständliche Bildmischungen solle verzichtet werden. Die Klarheit der Zuschauer stehe an oberster Stelle - was man bereits vor dem ersten Match hätte wissen und berücksichtigen müssen.

2008 ließ die Uefa für die EM in Österreich und der Schweiz erstmals das sogenannte Weltbild, an das Vertragspartner wie ARD und ZDF angeschlossen sind, durch die Events SA organisieren. Das bedeutet, dass für die Dauer des Turniers alle für die Live-Produktion benötigten Techniker und Fachkräfte engagiert werden, die dann mit dem Organisationskomitee des Ausrichters oder der Ausrichter und wohl auch mit Fernsehanstalten in diesen Ländern kooperieren.

Es wird gerne so dargestellt, als ob das Produktionsensemble aus den besten Regisseuren, Bildmischern, Tonmeistern und Kameraleuten Europas bestehe. Theoretisch mag das sogar sein. Aus Deutschland wird Knut Fleischmann in Polen und der Ukraine eingesetzt.

Fleischmann ist TV-Regisseur und ansonsten bei Sportcast beschäftigt, der Firma, die für die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Bundesliga-Live-Spiele produziert - eine DFL-Tochter. Er ist also Experte. Trotzdem fällt bei dieser EM auf, dass wichtige, strittige, faszinierende Spielmomente häufig zu spät, zu kleinteilig oder gar nicht wiederholt werden. Europa ist schwer, auch in einem europäischen Fernsehproduktionsteam.

© SZ vom 20.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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