Hörspiel "Wo die Freiheit wächst":Ausgebombt

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Tatsächliche Edelweißpiraten in Köln, 1944. (Foto: Toni Maschner/AFP)

Die Hörspielserie "Wo die Freiheit wächst" des WDR erzählt von den jugendlichen Edelweißpiraten, die während Krieg und Naziterror nur schwer irgendwo Halt fanden.

Von Stefan Fischer

Die erste Liebe, das Ende der Schulzeit, der Aufbruch in ein selbstbestimmtes Leben. All das passiert für die Figuren in der vierteiligen Hörspielserie Wo die Freiheit wächst unter extrem erschwerten Bedingungen: Es ist 1942, Deutschland steht im Krieg. Von Freiheit im Alltag keine Rede.

Da ist zum Beispiel Franz, gesprochen von André Kaczmarczyk, den die Wehrmacht eingezogen hat und der in Russland kämpft. Ganz sicher nicht das, was er sich ersehnt hat. Seine Schwester Lene (Lou Strenger) kann zu Hause in Köln ihre Lehre nicht fortsetzen, das Friseurgeschäft, in dem sie gearbeitet hat, wird ausgebombt. Außerdem: "Wer lässt sich jetzt noch die Haare machen?"

Aushilfsweise verkauft sie Fahrscheine in der Trambahn. Besser als in einer Munitionsfabrik zu schuften, findet sie - nicht nur wegen der schweren Arbeit, sondern weil sie den Krieg und den Naziwahn verabscheut. Anders als ihr kleiner Bruder (Francesco Schramm), ein begeisterter Hitlerjunge.

Der jüngste Bruder geht in der Hitlerjugend auf, auch weil er die Gegenargumente zu deren Ideologie nicht kennt

Wo die Freiheit wächst ist eine fiktive Geschichte von Frank Maria Reifenberg (Autor) und Claudia Johanna Leist (Regie) über eine reale Bewegung, die der Edelweißpiraten. Das waren Gruppen Jugendlicher, mindestens unangepasst, teilweise explizit oppositionell und in der Regel unterprivilegiert.

In dieses Milieu taucht das Hörspiel ein und erzählt anhand einiger Biografien, die sich noch gar nicht einmal besonders dramatisch zuspitzen, von den Ängsten einer Generation, die eigentlich hoffnungsfroh und voll jugendlichem Übermut sein sollte. Doch die wirtschaftliche Not, der soziale und politische Druck, die Sorge um sich selbst und die Nächsten dominieren diese jungen Menschen. Sie können sich kaum entfalten, lernen das Denken nicht. Am deutlichsten wird das am Beispiel des jüngsten Bruders: Er geht in der Hitlerjugend auch deshalb auf, weil er die Gegenargumente zu deren Ideologie und Propaganda gar nicht kennt.

Vieles wird mittels Briefen berichtet, eine Anknüpfung an die Gegenwart erfolgt durch Berichte von Zeitzeugen, die auf die Atmosphäre der frühen Vierzigerjahre zurückblicken. Damit das Erzählte gewissermaßen verbürgt ist und nicht im Kriegsgeheul einer 1942 noch nicht desillusionierten Wehrmacht und einer tendenziell noch zuversichtlichen Zivilbevölkerung untergeht.

Wo die Freiheit wächst, WDR 3, Montag bis Donnerstag, täglich 19.04 Uhr.

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