US-Sender:Fox News muss eine Million Dollar Strafe zahlen

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Nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe gegen Moderator Bill O'Reilly 2017 forderten Demonstrantinnen vor der Fox-News-Zentrale seinen Rauswurf. (Foto: Erik McGregor/imago/Pacific Press Agency)

Nach Belästigungsskandalen muss der Sender zudem Schulungen anbieten, um das Personal zu sensibilisieren. Ein Kulturwandel ist auch bei anderen US-Sendern nötig.

Von Christian Zaschke

Der US-Fernsehsender Fox News hat sich mit der New Yorker Kommission für Menschenrechte darauf geeinigt, ein Bußgeld in Höhe von einer Million Dollar für sexuelle Belästigung im Unternehmen zu zahlen. Die Kommission hatte seit 2017 ermittelt. Es geht um vier Beschwerden von Frauen, die nicht namentlich genannt wurden.

Einerseits ist das bemerkenswert, denn das maximale Bußgeld liegt in einem solchen Verfahren, an dem die Kommission beteiligt ist, bei 250 000 Dollar pro Fall. Verhängt wurde also die maximale Summe, mehr war nicht drin. Andererseits dürfte die Summe für Fox News zu verschmerzen sein: Das Unternehmen nahm im Jahr 2020 vor Steuern laut New York Times rund 3,1 Milliarden Dollar ein.

Wichtiger als das Geld dürfte daher im größeren Kontext sein, dass sich Fox News als Teil der Einigung dazu verpflichtet hat, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Anti-Belästigungs-Training zuteilwerden zu lassen, mit besonderem Blick darauf, wie Fälle von Belästigung ohne Angst vor Repressionen gemeldet werden können. Zudem soll Fox News die Opfer künftig nicht mehr in ein internes Schlichtungsverfahren zwingen und damit von der Öffentlichkeit abschneiden können.

Dass die Arbeitsbedingungen bei Fox News für Frauen in der Vergangenheit zum Teil höchst problematisch waren, kam erstmals im Jahr 2016 an die Öffentlichkeit, als die Moderatorin Gretchen Carlson schwere Vorwürfe gegen den damaligen Senderchef Roger Ailes erhob. Er habe sie sexuell belästigt, und nachdem sie seine Avancen zurückwies, habe er ihre Karriere sabotiert.

Senderchef Ailes kassierte bei seinem Abtritt noch eine hohe Abfindung

Zunächst baute sich im Sender eine Mauer des Schweigens auf. Doch dann äußerten sich mehr und mehr Mitarbeiterinnen, darunter die prominente Moderatorin Megyn Kelly. Beschuldigt wurde nicht nur Ailes, konkrete Vorwürfe gab es unter anderem in mehreren Fällen gegen Bill O'Reilly, der lange das Gesicht des Senders war, sowie gegen weitere landesweit bekannte Moderatoren und Reporter, zudem gegen Führungskräfte in der Bürokratie.

Gretchen Carlson hatte sich dem damals noch zwingend vorgeschriebenen internen Schlichtungsverfahren entzogen, indem sie Ailes direkt verklagte. Sie erreichte, dass Fox News ihr eine Entschädigung von 20 Millionen Dollar zahlte. Insgesamt sollen Fox News, die Versicherungen des Unternehmens und Bill O'Reilly persönlich laut mehreren Medienberichten mehr als 200 Millionen Dollar gezahlt haben, um die zahlreichen Vorwürfe außergerichtlich zu regeln.

Was damals nach Carlsons Klage aber besonders für Aufsehen sorgte, waren nicht die hohen Summen, die von Fox News für die außergerichtlichen Einigungen mit Frauen gezahlt wurden, sondern vor allem die Abfindung für den mittlerweile verstorbenen Roger Ailes, der ein enger Freund von Sender-Eigner Rupert Murdoch war. Ailes musste nach den gut belegten Vorwürfen von Carlson gehen. Er erhielt eine Entschädigung von 40 Millionen Dollar.

Fox News teilte nun bezüglich der Einigung mit der New Yorker Kommission mit, es handele sich bei diesen vier Fällen um Fehler der Vergangenheit. Seit im Jahr 2018 Suzanne Scott und damit erstmals eine Frau die Geschäftsführung des Sendes übernahm, habe sich die Unternehmenskultur komplett geändert, das alte System existiere im Haus nicht mehr.

Beobachter sagen: Nicht nur Fox News, auch andere in der Branche haben ein Problem

Dieses vermeintlich alte System hatte die Medienkritikerin und Feministin Jennifer Pozner kürzlich im Gespräch mit der SZ als eines beschrieben, in dem sexuelle Belästigung in den Newsrooms nicht die Ausnahme gewesen sei, sondern eher die Norm. Und: Das Problem war und ist nicht auf Fox News beschränkt. Auch bei Sendern wie zum Beispiel CBS oder NBC News gab es prominente Missbrauchsfälle. Es gilt unter Medienbeobachtern als sicher, dass die Dunkelziffer in der Branche hoch ist.

Dass das vorherige, bis vor Kurzem überwiegend von alten und mittelalten weißen Männern beherrschte System sich wandeln könnte, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass mittlerweile einige große US-Fernsehsender von Frauen geleitet werden. An der Spitze von ABC News steht zum Beispiel seit diesem Jahr Kimberly Godwin, als erste Frau und erste Afroamerikanerin. Rashida Jones leitet seit Februar den Sender MSNBC.

Carmelyn Malalis, die Vorsitzende der New Yorker Menschenrechtskommission, erhofft sich von dem Fall eine Signalwirkung. "Wenn jemand das Gesetz bricht und andere Menschen diskriminiert oder belästigt, werden hohe Strafen zu zahlen sein", sagte sie. Zudem hofft sie, dass sich mit anderen Fernsehsendern, in denen es in der Vergangenheit ebenfalls zu Belästigungen kam, ähnliche Einigungen erzielen lassen. Das gelte besonders für den Punkt, die Vorwürfe nicht mehr zwingend intern zu klären und damit geheim zu halten.

Die ungezählten Fälle, in denen die Opfer Vergleiche abgeschlossen und dabei in der Regel ein Schweigeabkommen unterzeichnet haben, sind von der aktuellen Einigung nicht betroffen.

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