Film zur Serie "Mord mit Aussicht":High Noon in Hängarsch

Lesezeit: 2 min

Unter Verdacht: Caroline Peters als Polizistin Sophie Haas. (Foto: WDR/Michael Böhme)

Die ARD zeigt einen Spielfilm zur Serie "Mord mit Aussicht". Darin findet sich Ermittlerin Sophie Haas neben der Leiche ihres verhassten Ex-Chefs wieder - die Waffe in der Hand.

TV-Kritik von Christine Dössel

Das verschlafene Eifeldorf Hengasch im Kreis Liebernich ist natürlich kein Ort für eine ehrgeizige Polizistin wie Sophie Haas. Hengasch klingt immer wie "Hängarsch", und überhaupt ist das Ermittlerleben in der Provinz nicht eben knackig. Kein Wunder, dass die hierhin versetzte Kriminaloberkommissarin, mit großer Etepetete-Kompetenz gespielt von der formidablen Caroline Peters, mit ihrem Schicksal hadert. Die Blondine mit den Allüren einer Großstadtzicke strebt die Leitung des Kölner Morddezernats an. Gut, dass ihr das noch nicht gelungen ist.

Schauspielerin Caroline Peters
:Verweigerung liegt ihr

Sie ist durch und durch Theater, das mit dem Fernsehen wirkt eher wie ein Betriebsunfall. Doch nun bringt Caroline Peters in "Mord mit Aussicht" das ARD-Vorabendprogramm wieder auf Kurs. Denn wo sie auftaucht, ist Qualität. Doch die ARD schätzt ihr großes Gut offenbar nur zum Teil.

Von Hans Hoff

Von der Diskrepanz zwischen hehrem Wunsch und querer Wirklichkeit - und von den originellen, liebevoll gezeichneten Charakteren - lebt die ARD-Serie Mord mit Aussicht. Die Reihe aus der Abteilung "Humorkrimi" hat sich seit 2007 in drei Staffeln und 39 Episoden ein Fanpublikum erobert. Mit im Schnitt 6,52 Millionen Zuschauern war sie 2014 die meistgesehene TV-Serie Deutschlands.

Seit einem Jahr macht die Serie jedoch das, was Fernsehmenschen eine "Kreativpause" nennen, und ob sie daraus je zurückkehren wird, ist fraglich. Nicht zuletzt hatte Bjarne Mädel, der so tolle Darsteller des gemütlichen Dorfpolizisten Dietmar Schäffer, die Produktionsbedingungen kritisiert, und das klang wesentlich unbehaglicher, als seine Figur sich in Hengasch fühlt.

"Der Tatortreiniger" im NDR
:Viel Lob, wenig Geld und Pflege

"Der Tatortreiniger" ist zurück: Die NDR-Serie ist preisgekrönt, doch die Macher empfinden den Umgang des Senders mit ihnen als lieblos. Ein Klartext-Gespräch mit Schauspieler Bjarne Mädel, Regisseur Arne Feldhusen - und dem Rollenvorbild Christian Heistermann.

Von Hans Hoff

Für die im Ungewissen gelassenen Fans gibt es nun erst mal ein "Special" in Spielfilmlänge: Ein Mord mit Aussicht - der Film zur Serie. Darin ist alles so wie immer - dasselbe Personal mit denselben Schrullen und Unzulänglichkeiten -, mit der Zuspitzung, dass Sophie Haas es mit einem richtigen Verbrechen zu tun bekommt und selber unter Mordverdacht gerät. Der Kölner Oberkommissariatsboss Jogereit liegt erschossen in seiner Villa, und Sophie kniet mit der Tatwaffe neben ihm. Blöde Sache. Dass Haas den Mann hasste, hat man zuvor ausreichend mitbekommen: Er war es, der ihre Bewerbung in Köln ablehnte. Noch in der Nacht davor hatte sie dem arroganten Kerl im Traum tüchtig eine verpasst.

Die Ermittlungen führt Sandra Holm (Nina Proll) aus dem Nachbarrevier Hammelforst, auch sie eine Superblondine, aber von ganz anderem Schlag als Sophie: cool, tough, souverän. Ihre zwei männlichen Mitarbeiter nennen sie ehrerbietig "Chef", und ihr Polizeirevier ist topmodern eingerichtet. Hier finden nun, mitten in der Nacht, die Verhöre statt, in allergrößter Übermüdung. Alle müssen aussagen: der stockbetrunkene Dietmar, dessen Geburtstag gerade noch feucht-fröhlich gefeiert wurde, ebenso wie dessen resolute Frau "Muschi" (Petra Kleinert) und die allzeit liebe Kollegin Bärbel (Meike Droste), die seit der Geburt ihrer Kleinen einen Baby-Glückskoller hat.

Man mag nicht nörgeln

Das Schöne ist, dass jeder Einzelne seine sehr persönliche, die eigene Rolle maßlos beschönigende Version des Tagesablaufes schildert. Jan Schomburg (Regie) und Marc Comes (Kamera) erzählen das in lustigen, schwelgerischen, teils albernen Rückblenden.

Da sieht sich Sophie grundsätzlich viel blonder und großartiger, als sie ist. Dietmar, der "Bär", gefällt sich als Westernheld "Old Schäfferhand" und seine Frau als Vamp à la Marilyn. Das ist zwar manchmal arg überzeichnet, insgesamt aber so sympathisch, dass man nicht nörgeln mag. Sollte die ARD die Serie einstellen, kann man mit Wachtmeisterin Bärbel nur ungläubig sagen: "Nee, ne?"

Ein Mord mit Aussicht , ARD, 20.15 Uhr.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: