"Deputy" auf Sky:Systemsturz in Cowboystiefeln

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Am liebsten will Bill Hollister (Stephen Dorff) Verbrecher aufmischen, ballernd. (Foto: N/A)

In "Deputy" will Stephen Dorff als Sheriff nicht nur Verbrecher ausmerzen. Originell ist das nicht, sondern ähnelt eher einer stramm konservativen Cop-Fantasie.

Von Nicolas Freund

Amerikanische Fernsehpolizisten sind immer verdächtig. Wenn sie nicht korrupt, unfähig oder rassistisch sind, dann stehen sie meist auf der falschen Seite und ein einsamer Held muss die Probleme ohne ihre Hilfe lösen. Als so einer sieht sich Sheriff Bill Hollister, obwohl er selbst bei der Polizei in Los Angeles arbeitet. Alles Deppen, außer mir, könnte sein Motto lauten. Hollister, den Stephen Dorff mit dem Selbstbewusstsein eines präpotenten Teenagers spielt, ist genau genommen auch kein Polizist beim Los Angeles Police Department, sondern Sheriff beim Los Angeles County Sheriff's Department. Sheriff ist halt einfach mehr Wilder Westen. Hollister trägt auch am liebsten Cowboy-Stiefel, Jeans und Flanellhemden. Probleme löst er eigentlich immer mit Gewalt. Ins Mikro des Polizeifunks schreit er auch mal "Yeehaa", bevor er mit seinem Truck die Verfolgung von Verdächtigen aufnimmt. Und die Regeln macht er, wie es sich für einen richtigen Cowboy gehört, natürlich selbst. Hollister will Verbrecher aufmischen, am liebsten vom Rücken eines Pferdes aus und wild um sich ballernd. In Deputy wird grundsätzlich erst geschossen und dann nachgefragt.

Gleich in der ersten Szene erklärt Hollister einer Jury, dass er an illegalen Einwanderern nichts Illegales finden kann und stapft mit seinen Cowboy-Stiefeln davon. Solche Auftritte kann er sich leisten, denn wegen eines obskuren, alten Gesetzes, das tatsächlich noch aus der Zeit des Wilden Westens stammt, ballert er sich an die Spitze des gesamten Sheriff Departments. Und dann bekommt er auch noch - für ein männliches Alphatier wie ihn fast eine narzisstische Kränkung - eine Personenschützerin an die Seite gestellt.

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Ausgedacht hat sich diese Serie der Drehbuchautor Will Beale, der mit dem Superheldenfilm "Aquaman" und einer geplanten Neuauflage des Fantasy-Gemetzels "Conan" unmissverständlich klarmacht, dass er in erster Linie für Krawall zuständig ist. Stephen Dorff beim toxisch-männlich angehauchten Randalieren zuzusehen entwickelt tatsächlich etwa eine halbe Folge lang einen zynischen Reiz. Natürlich sind die Kontraste stark, die Kamera wackelt dramatisch und immer blendet von irgendwo ein Blaulicht oder ein Suchscheinwerfer. Schon klar, die Straßen von L.A. sind ein hartes Pflaster. Die guten Jungs sind Draufgänger, aber noch immer herzensgut, die bösen Jungs sind - ja, halt böse. Da waren andere Krimiserien schon vor 20 Jahren weiter.

Nach all den guten Polizei-Serien wie The Wire, True Detective und The Killing würde man eigentlich erwarten, dass der Kniff von Deputy ist, diesen Sheriff Hollister und sein Weltbild in Frage zu stellen. Die vorab gezeigten Folgen geben leider keinen Anlass zur Hoffnung. Trotz des einleitenden Plädoyers für Immigranten bleibt der Eindruck, es mit einer politisch eher republikanisch bis stramm konservativen Cop-Fantasie zu tun zu haben. Hollister legt sich liebend gerne mit der angeblich so reißerischen Presse an. Gegen Institutionen und ihre Vertreter kämpft er fast so gerne wie gegen Verbrecher. Ganz offen will er den bürokratischen Apparat aushebeln und droht ständig - nur im Scherz natürlich -, irgendwen zu entlassen. Schon nach einer Folge erinnert er nicht mehr an einen wilden, aus der Zeit gefallenen, sympathischen Cowboy, sondern vor allem an Donald Trump, von dem man auch nicht genau weiß, wie er eigentlich an seinen Job gekommen ist und warum er ihn vor allem noch hat. Das sollte man verdächtig finden.

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