Serie "Country Queen" auf Arte:Die Geister von Tsilanga

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Akisa (Melissa Kiplagat) ist in Nairobi erfolgreich. Doch dann muss sie zurück in ihr Dorf. (Foto: good karma fiction/ZDF/ARTE)

Die kenianische, auch mit deutschem Geld produzierte Serie "Country Queen" läuft auf Arte und weltweit auf Netflix. Sie ist raffiniert erzählt - und ein Glücksfall für das globale Lagerfeuer.

Von Jörg Häntzschel

Akisa hat es geschafft. Vor Jahren war sie aus ihrem Dorf nach Nairobi gekommen, ein armes, verstörtes Fast-noch-Mädchen. Jetzt hat sie sich in der Hauptstadt mit ihrer Eventagentur eine erfolgreiche Existenz aufgebaut. Sie fährt ein großes SUV, hat einen reichen Freund und organisiert glamouröse Partys.

Doch ein Anruf genügt, um die fragile Architektur dieses guten Lebens ins Wanken zu bringen. Er kommt aus Tsilanga, ihrem Heimatdorf, das sie damals Hals über Kopf verlassen hat. Ihr Vater liegt im Sterben, sagt die Tante (mit der Mutter spricht sie nicht mehr). Zum ersten Mal kehrt Akisa (Melissa Kiplagat) also zurück nach Hause, wo all die Gespenster der Vergangenheit auf sie warten - und einige der Gegenwart, die während ihrer Abwesenheit hinzugekommen sind.

Ungewöhnlich ist an der sehr sehenswerten Serie "Country Queen", die ab Donnerstag auf Arte gezeigt wird, nicht nur, dass sie in Kenia spielt, sondern auch, dass sie fast ausschließlich mit einem kenianischen Team und kenianischen Darstellern gedreht wurde. Ungewöhnlich ist auch, dass sie mit Mitteln des deutschen Entwicklungshilfeministeriums und der Deutschen Welle gefördert wurde. Und dass sie jetzt von Netflix in 190 Ländern gezeigt wird. Nur die Produzenten stammen teils aus Deutschland und der Schweiz. In Kenia stand sie wochenlang auf Platz 1 der Netflix-Charts.

Als die junge Aufsteigerin in ihr Dorf zurückkommt, muss sie erstmal erklären, dass sie nicht tot ist

Die Regisseure haben die Fallstricke raffiniert gespannt, in die Akisa, die Fremde mit dem zu großen Auto und dem zu laut klingelnden Handy, nun hineinläuft. Sie hatte ihr Elternhaus verlassen, weil ihr Vater ihr gleich nach der Geburt ihr uneheliches Baby weggenommen hatte. Das erklärt nicht nur das bittere Verhältnis zu ihren Eltern. Auch im Dorf, wo man dachte, sie sei tot, muss sie ihr damaliges Verschwinden erklären. Wie kann sie ihre Trauer um den sterbenden Vater mit ihrem Hass auf ihn versöhnen? Und mit ihrer neu erwachten Trauer um ihr verschwundenes Kind?

Gehen über Kinderleichen: Die Bergbau-Magnatin Vivienne und ihr Ehemann Max auf einem von Akisa inszenierten PR-Event. (Foto: © good karma fiction/ZDF/ARTE)

Und dann ist da noch die Bergbau-Firma Eco Rock, für die Akisa eine verlogene Preisverleihung organisiert hat, und deren skrupellose Chefin Vivienne mit Max (Blessing Lung'aho) verheiratet ist, ihrem heimlichen Liebhaber. Eco Rock betreibt ganz in der Nähe von Tsilanga eine Goldmine, deren zynische Aufseher mit Viviennes Placet unter schlimmsten Bedingungen Kinder nach Gold buddeln lassen. Nun will der Konzern das gesamte Dorf aufkaufen - auch das Land von Akisas Mutter. Und weil Akisas Vater stirbt, kaum, dass die entfremdete Tochter im Dorf angekommen ist, hetzen jetzt einige der Nachbarn gegen sie: Dieser plötzliche Tod könne ja wohl kein Zufall sein, Akisa habe ihn ins Grab gebracht.

Die Konfliktlinien, Brüche und Koalitionen verlaufen hier immer anders, als man es erwartet. Die Dorfältesten wollen das schnelle Geld, die junge Karrieristin aus der Stadt findet im gemeinsamen Widerstand gegen die "Landräuber" zurück zu ihrer Mutter. Jeder hier baut sich aus Tradition und Fortschritt, Aberglaube und Wissenschaft, Gerechtigkeitssinn und Profitgier sein ganz eigenes Weltbild zusammen. Das ist in Kenia nur scheinbar anders als überall sonst.

Nicht alle Plot-Twists sind plausibel. Fraglich ist vor allem, wie Akisa auf den Edelgangster Max hereinfallen konnte. Und einige Figuren, so die Luxushexe Vivienne (Nini Wacera), wirken etwas überzeichnet.

Wie authentisch kenianisch die Serie ist in ihren Erzählformen und ihrer Ästhetik, ist schwer zu sagen. Aber muss sie das überhaupt sein? Der Erfolg, den sie in Kenia selbst hat, spricht jedenfalls für sie. Es ist nur zu begrüßen, dass am globalen Lagerfeuer Netflix nun außer amerikanischen, deutschen oder koreanischen auch afrikanische Geschichten erzählt werden.

Country Queen, in der Arte-Mediathek.

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