Die Erinnerung an den Jahresanfang verblasst langsam, an jene Zeit, als man in Konferenzen beisammenstand, Kolleginnen auf dem Flur traf oder mittags über das Kantinenessen seufzte. Inzwischen sind Arbeitsplätze nach Hause verlagert worden, in Wohn- und Esszimmern fand eine technische Aufrüstung statt, während die Kinderbetreuung neu organisiert werden und Krisennachrichten aus aller Welt verdaut werden mussten.
In Kalifornien reagierten Unternehmen schnell und unbürokratisch: Facebook zahlte schon zu Beginn der Pandemie im März 1000 Dollar an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Google die gleiche Summe für die Ausstattung im Home-Office. Nun, am Ende des Pandemie-Jahres, ziehen auch deutsche Unternehmen nach. Siemens etwa zahlt in Deutschland einen Corona-Bonus von bis zu 1000 Euro. Andere dürften folgen, bis Jahresende sind Sonderzahlungen bis 1500 Euro steuerfrei. Aber wie sieht es eigentlich in deutschen Verlagshäusern aus?
In der an Krisen gewöhnten Branche ergab sich in diesem Jahr eine besonders paradoxe Situation: Die Nachfrage nach ihren Inhalten explodierte, überregionale Tageszeitungen erlebten einen Abonnentenschub, die Onlineausgaben verzeichneten Rekord-Abrufe. Gleichzeitig verschärfte sich die wirtschaftliche Situation wegen wegbrechender Anzeigenkunden, und einige Medienhäuser informierten ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Home-Office über neue Kurzarbeits-, Spar- und Entlassungsprogramme.
Kinderbetreuung, Yogastunden, Gymnastikbällen
Entsprechend spät hat man sich hier zu Corona-Prämien durchgerungen. "Als Dankeschön für die außergewöhnliche Arbeit" erhalten etwa die Mitarbeiter von Condé Nast in Deutschland, wo unter anderem Vogue, GQ und Glamour erscheinen, zum Jahresende eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 1000 Euro. Für Trainees, Werkstudenten und Praktikanten sind es 250 Euro, wie ein Sprecher des Verlags auf SZ-Anfrage mitteilt. Zudem habe es schon seit Beginn der Pandemie "diverse Benefits" gegeben, von kostenloser Kinderbetreuung über Yogastunden auf Zoom bis hin zu Gymnastikbällen für zu Hause.
Beim Spiegel-Verlag in Hamburg habe man zunächst pragmatisch die Mitnahme von Büroausstattung ermöglicht, sagt eine Sprecherin. Man sei sich der Schwierigkeiten, bewusst die Mitarbeiter in diesem Jahr oft selbst lösen mussten: "Da wurde die fehlende Webcam einfach selbst bei Saturn gekauft, der Schreibtisch mit Bordmitteln höhenverstellbar umgebaut, und nicht selten muss das private Handy für den Anruf herhalten, wenn Microsoft Teams den Dienst verweigert." Schließlich habe man sich für einen weiteren Schritt entschieden. "Als kleines Dankeschön hat die Spiegel-Gruppe im November eine einmalige Sonderzahlung von in den meisten Fällen 300 Euro geleistet."
Bei Gruner + Jahr gab's eine Sprechstunden für die Seele
Bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die im Gegensatz zu vielen anderen Verlagshäusern in diesem Jahr keine Kurzarbeit beantragte, teilt man mit: Herausgeber und Geschäftsführung bedanken sich zum Jahresende bei allen FAZ-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern mit einer Corona-Sonderzahlung in Höhe von 300 Euro. "Ihr großartiger Einsatz hat zu einem publizistischen und wirtschaftlich erfolgreichen Geschäftsjahr beigetragen." Auch bei der Zeit-Verlagsgruppe erhalten Mitarbeiter mit dem Dezembergehalt eine Corona-Sonderzahlung von 250 Euro "für die besonderen Leistungen in der Pandemie". Ebenso gab es bei Burda eine Sonderzahlung. Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der auch die Süddeutsche Zeitung gehört, informierte ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Donnerstag, dass eine "Corona Beihilfe" von 100 Euro ausgezahlt werden soll.
Der Hamburger Verlag Gruner + Jahr, der unter anderem Stern und Gala herausgibt, setzt auf eine Mischlösung: "Wer wollte, konnte seinen Bürostuhl vorübergehend mit nach Hause nehmen. Und wir haben kürzere Krankmeldungen auch akzeptiert ohne Bescheinigung eines Arztes, um den Kolleginnen und Kollegen den Weg zu ersparen", sagt ein Sprecher.
Bei Springer darf man seinen Bürostuhl ausleihen
Zudem habe es soziale Angebote gegeben, man habe etwa eine digitale Sprechstunde zur seelischen Gesundheit organisiert - "jeweils zielend auf die Lasten, die Home-Office und Lockdown für manche bedeuteten". Außerdem habe man einen konzernweit freien Tag am 4. Januar als Dankeschön der Geschäftsführung beschlossen. Sonderzahlungen habe es dagegen nur für einige gegeben, "auch entlang dem Gedanken des persönlichen Bedürfnisses".
Auch bei der Funke-Mediengruppe ( Myself, Bild der Frau, Hörzu) gibt es laut Sprecherin keine nennenswerten Corona-Prämien, "wenn es auch die eine oder andere gut begründete Ausnahme gegeben hat und geben wird". Ähnlich bei Axel Springer ( Welt, Bild), wo man aber darauf hinweist, dass es auf Ebene der Tochtergesellschaften individuelle Lösungen geben kann. Konzernweit habe es dafür "sehr pragmatische Lösungen in Bezug auf Flexibilität der Arbeitszeiten" gegeben. Leihweise durfte man auch hier den Bürostuhl mit nach Hause rollen.