Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher:Durch Dick und Dünn

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Lustig oder bitter? Das Moderatoren-Duo Oliver Pocher und Cindy aus Marzahn (Foto: dpa)

Ähnlich frech wie einst Sonja Zietlow und Dirk Bach im Dschungel sollten Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher zuletzt Promis durch "Big Brother" bugsieren. Die Kritik war verheerend. Trotzdem moderiert das von "Bild" vorab zum Traumpaar gekürte Duo jetzt den Fernsehpreis. Wenn das mal gutgeht.

Von Ruth Schneeberger

"Hallo, hallo, hallo, hallo! Hallo, hallo, hallo, hallo! Hallo, hallo, hallo!" Mit diesen bahnbrechenden Worten eröffnete Cindy aus Marzahn vor zweieinhalb Wochen die Reality-Show Promi Big Brother. Sat 1 hatte sich viel von dem neuen Format versprochen. Ein Hybrid, einerseits aus dem bei RTL so beliebten Dschungelcamp, wo C- bis Z-Promis durch luxusuntaugliche Gefilde gejagt, mit Tierhoden gespeist und mit viel Biss von zu seinen besten Zeiten Dirk Bach und Sonja Zietlow gequält wurden. Andererseits aus der elf Jahre lang zuvor mit Nicht-Promis besetzten Endlos-Schleife der Totalüberwachung für freiwillig Eingesperrte. So wichtig wie eine Fußball-WM sei dem Sender dieses "Ereignis", hatte es vorab geheißen.

Allein: Die Sendung floppte. Trotz allgemeiner Beachtung durch fast alle Medien und der tagtäglichen Feier durch den Boulevard, trotz "the Hoff" David Hasselhoff und seiner Ex-Badenixe Pamela Anderson in Teilzeitanwesenheit, trotz der aktuellen Aufregerin vom Dienst, Trash-TV-Dauergast Georgina, trotz Busenblitzern und sogar trotz Jenny Elvers. Und das lag nicht zuletzt an den beiden Moderatoren.

Auf den ersten Blick war klar: Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher sollten auf der Erfolgsschiene fahren wie einst Dirk Bach und Sonja Zietlow, nur andersrum - anstelle des lustigen Dicken und der stichelnden Zicke sollten sie nun die lustige Dicke und der kleine Freche sein. Das hätte funktionieren können.

Kein Spaß

Cindy aus Marzahn schwamm bis dahin auf der Erfolgswelle: Von der arbeitslosen Berlinerin zum neuen Comedy-Star hatte sie es ausgerechnet mit der Geschichte von der Außenseiterin geschafft, die erst durch das penetrante Thematisieren ihrer Leibesfülle Aufmerksamkeit und Anerkennung bekam. Nach eigenen Sendungen, eigenen Tourneen und einer Menge Comedy-Auszeichnungen war ihr bisheriger Karriere-Höhepunkt die Assistenz von Markus Lanz bei Wetten, dass..? im ZDF, wo der überforderte Moderator eher ihr assistierte als andersherum.

Damit war sie zuletzt erfolgreicher als Oliver Pocher, der seinen Karrierehöhepunkt als Sidekick von Harald Schmidt schon lange hinter sich hat, und der zuletzt nach einigen abgesetzten Shows am ehesten durch sein Privatleben Aufsehen erregte. Nämlich durch die Trennung von Boris Beckers Ex-Freundin Sandy Meyer-Wölden, der Mutter seiner Kinder.

Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher, das hätte also ein zwar leicht verzweifeltes, aber dennoch lustiges Duo ergeben können, die Idee jedenfalls fand Anklang. Der Bild-Zeitung zumindest war sie zum Auftakt der Show ein großes Doppel-Interview wert, in dem vom neuen Traumpaar die Rede war, und in dem sich die beiden Medien-Profis auch gar nicht schlecht schlugen.

Cindy aus Marzahn
:Plötzlich Prinzessin

Prollig, pink, peinlich: Ausgerechnet Cindy aus Marzahn hat das ZDF als überraschenden "Wetten, dass..?"-Sidekick für Markus Lanz aus dem Hut gezaubert. Was mindestens genauso überraschend gut funktioniert hat. Ein Plädoyer für Ilka Bessin als erste Assistentin mit Humor.

Ruth Schneeberger

Ein sehr anderes Bild zeigte sich nur leider bei ihrem eigentlichen Job, der Moderation von Promi-Big-Brother. Ob es an billigen Gag-Schreibern lag oder daran, dass die beiden einfach nicht miteinander konnten - die Moderation war kein Spaß. Weder für den Zuschauer noch für die Beteiligten.

Es gelang ihnen einfach nicht, sich die Bälle zuzuwerfen, und wenn, dann waren es eher Insider-Gags, über die sie nur selbst lachen konnten. Zudem gefiel sich Cindy aus Marzahn darin, unentwegt die Bewohner zu loben (Lieblingswort: "toll"). Es blieb also an Oliver Pocher, sich über die Insassen lustig zu machen, was nicht immer gelang. Als ob das noch nicht genug des öden Geplänkels wäre, betonten auch noch beide Moderatoren laufend, dass sie ja nichts dafür könnten und distanzierten sich damit von der eigenen Show.

Wobei das nicht das schlechteste hätte sein müssen - in einer Sendung, die am Ende trauriges Elend offenbarte.

Als Gewinnerin Jenny Elvers und Zweitgewinnerin Natalia Osada die letzte halbe Stunde in ihrer Promi-Big-Brother-Behausung auf den Sieg warteten, konnten sie Ihr Glück kaum fassen. Draußen, hinter den Mauern des Luxus-Containers, und vor allem draußen vor den Bildschirmen, da hatten sich geschlagene zwei Wochen lang begierige bis gelangweilte Zuschauer und Medien laufend lustig über sie gemacht. Die beiden Blondinen taten nun aber so, als hätten sie mit dem Gewinn bei Big Brother irgendeinen leibhaftigen Sieg errungen, sie lachten und schrien und taumelten, trunken vor vermeintlichem Ruhm. Osada, zuvor Kandidatin bei Catch the Millionaire, sagte ehrfürchtig zu Elvers: "Du bist wieder da - und ich starte jetzt durch!"

Diese letzten Minuten des Trash-TV-Spektakels waren tragisch. Sie ließen erahnen, in welchem tatsächlichen Gefängnis sich Promis dieser Art befinden - weil sie sich schlicht über das Maß an Aufmerksamkeit definieren, das ihnen zuteil wird. Ob positive oder negative Aufmerksamkeit, ist längst egal.

Menschenfreundlicher als üblich

Es mag deshalb durchaus richtig sein, wenn die Moderatoren sich von solcherart Menschenzoo distanzieren. Anders als bei RTL, wo Sonja Zietlow und Dirk Bach sich mit denjenigen im Publikum gemein machten, die es richtig finden, wenn vermeintlich Verwöhnte sich im "wahren Leben" beweisen müssen, haben Cindy und Oli sich auf die Seite ihrer Gäste geschlagen. Das mag auch an der Auswahl der Promis liegen. Wie soll man denn etwa eine Jenny Elvers noch demütigen - oder eine Marijke Amado, die bei der letzten Challenge vor Erschöpfung zusammenbrach?

Es war - trotz allem - die menschenfreundlichere Variante beider Formate, sowohl des Dschungelcamps als auch von Big Brother, die Promi Big Brother dank der beiden Moderatoren lieferte. Das Problem ist nur: Das haben die Zuschauer nicht erwartet. Stattdessen ist das Publikum schon so an Häme und Schmähungen gewöhnt, zumal in Formaten wie diesen, die fast ausschließlich auf Erniedrigung bauen, dass die Seicht-Moderation der beiden schon fast das Scheitern der Sendung bedeutete. Vom "tiefen Fall" der Ilka Bessin alias Cindy aus Marzahn war in allen möglichen Veröffentlichungen hernach zu lesen. Auf ein Herausragen von Pocher indes hatte offenbar sowieso kaum jemand ernsthaft gehofft.

Neuer Schwung beim Fernsehpreis?

Bleibt abzuwarten, wie Cindy und Oli nun den Fernsehpreis in Köln begleiten. Die Verleihung, die an diesem Mittwochabend aufgezeichnet und am Freitag bei Sat 1 ausgestrahlt wird, moderiert nämlich dasselbe Duo. Nominiert sind unter anderem Let's Dance und The Voice Kids als "Beste Unterhaltungsshow" - oder auch Berlin Tag & Nacht und Shopping Queen als "Beste Unterhaltungs-Doku". Wenn die beiden diesmal ihren Job als Lästermäuler ernst nehmen würden, könnte das glatt gut werden - angesichts der traditionell eher lahmen Fernsehpreis-Verleihung.

Oliver Pocher hat das schon einmal versucht, als er 2011 den Fernsehpreis moderierte. Wie ein Weltmeister stänkerte er gegen Sender und Kollegen wie Lanz oder Schmidt. Am Ende wurde seine Moderation zensiert - und er entschuldigte sich anschließend. Und dass Cindy aus Marzahn innerhalb einer halben Woche ihre Lethargie überwunden hat, die sie in der Zusammenarbeit mit Pocher zu befallen scheint, ist wohl auch nicht zu erwarten.

Immerhin: Pocher twitterte am Wochende fleißig mit Boris Becker, im Streit über dessen neues Buch, Aussagen über ihre gemeinsame Ex-Partnerin, Frauen an sich und Alkoholprobleme im Besonderen. Wer also auf Schläge unter die Gürtellinie steht, darf sich wohl weiterhin über deren Verbreitung freuen - es wird sich immer ein Medium dafür finden.

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