Wäre das Papier noch eine Spur hochwertiger, würde man sofort an eines dieser großformatigen Hochglanzmodemagazine denken, die bei sehr teuren Friseuren ausliegen. Elegante Optik, ein gepflegtes Layout, dazu ein stattlicher Anteil von Anzeigen aus dem Luxussegment - da ist eigentlich alles drin, was sich ein Verleger so wünschen kann. Die neue Zeitschrift Gault & Millau, deren erste Ausgabe gerade erschienen ist, erfüllt freilich nicht nur das Begehren des Verlegers Hubert Burda. Sie ist das Ergebnis eines Lizenzgeschäfts, das der Burda-Konzern mit dem französischen Restaurantführer Gault & Millau geschlossen hat.
Die Franzosen bewerten jährlich und über die ganze Welt verteilt gehobene Restaurants nach einem Punktesystem zwischen eins und zwanzig; sie gelten als einzige ernst zu nehmende Konkurrenz zur Gourmetbibel Michelin mit ihrer Sternewertung. Im vergangenen Jahr wechselten sie in Deutschland den Lizenznehmer und wurden mit Burda handelseinig, statt eines klassischen Kochbuchverlags kam nun ein Medienkonzern zum Zuge, der die Marke Gault & Millau über alle denkbaren Kanäle verwerten will. Der einmal jährlich erscheinende, gedruckte Restaurantführer ist nur noch ein Teil der Wertschöpfungskette, hinzukommen soll eine Vielzahl digitaler Projekte. Und eben ein vierteljährlich erscheinendes Magazin.
Das Magazin begeht nicht den Fehler, den Besserwisser oder gar den Bestwisser rauszukehren
Die erste Ausgabe mit stolzen 188 Seiten ist vielversprechend, die Mischung gelungen. Man will sich erkennbar abheben von der Konkurrenz zwischen dem haushaltsnah-praktischen Essen & Trinken und dem manchmal doch sehr betulich-onkelhaften Feinschmecker. Dabei begeht man nicht den Fehler, den Besserwisser herauszukehren, was Gourmets bisweilen bis zum Bestwisser steigern können. Da wird gern behauptet, dass man Tomaten nur dann beurteilen könne, wenn man schon jene aus einem kleinen Dorf in Apulien gekostet habe.
Natürlich wird Thomas Schanz vorgestellt, der deutsche Gault & Millau-Koch des Jahres, ebenso wie Mathieu Kaufmann, der Winzer des Jahres. Auch ein paar Restaurants aus dem Führer sind vertreten. Das gehört wohl zum Pflichtprogramm. Doch auch die Kür ist interessant und verrät große Sachkenntnis. Die zeige sich zum Beispiel darin, dass die oberbayerische Käserei Ja mei vorgestellt wird, die allergrößten Wert aufs Handwerk legt, oder das Ostermenü von Martin Fauster stammt, dem ehemaligen Chefkoch des Sternerestaurants Königshof in München, der unter seinen Kolleginnen und Kollegen höchste Anerkennung genießt. Fauster eröffnet demnächst ein eigenes Restaurant in Freiburg, zusammen mit dem Winzer Fritz Keller, der gerade DFB-Präsident ist und weiter hinten im Heft ausführlich interviewt wird. Wobei es kaum um Fußball geht.
Gut, auch für die Gourmetstreber ist etwas dabei. Beim Porträt der Artischocke liegt der Verdacht nahe, dass Wikipedia umfänglich geplündert wurde, um sämtliche Fakten, Zitate und fun facts zu beschaffen - ob man das alles wirklich wissen will, ist fraglich. Als kleiner Ausflug ins Enzyklopädische aber geht das in Ordnung, solange sonst die Mischung stimmt.