ARD-Krimiserie "Blackwater":Mord an Mittsommer

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Im Jahr 1973 geschieht im nordschwedischen Blackwater etwas, das die Dorfgemeinschaft, unter anderem Annie (r., Asta August), zwanzig Jahre später immer noch beschäftigt. (Foto: ARD Degeto/SVT 2021/Repro)

Ein Doppelmord, viele Verdächtige und große Retro-Gefühle: Die Verfilmung des schwedischen Bestsellers "Geschehnisse am Wasser".

Von Johanna Müller

Mittsommer 1973. Im nordschwedischen Blackwater, also da, wo es im Sommer kaum dunkel wird und sich idyllische Seenlandschaften an moosbewachsene Wälder reihen, werden die Feierlichkeiten zum längsten Tag des Jahres von einer grausamen Nachricht überschattet: Im Wald, ganz in der Nähe des Ortes, entdeckt die junge Stockholmerin Annie (Asta August) zwei Leichen, offenbar grausam ermordet. Verdächtige gibt es viele, trotzdem bleibt der Fall zwanzig Jahre ungeklärt. Bis Annie meint, den Mörder im neuen Freund (Erik Ehn) ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter wiederzuerkennen.

Die Inszenierung von Regisseur Mikael Marcimain basiert auf dem Roman "Geschehnisse am Wasser" der schwedischen Schriftstellerin Kerstin Ekman. Das Buch ist 1993 erschienen, und auch die Serie spielt nun Anfang der Neunzigerjahre. In Rückblenden werden die Geschehnisse aus dem Sommer 1973 aufgerollt, und da wird es erzählerisch schon kompliziert. Aufgrund der Parallelhandlungen sind die einzelnen Figuren jeweils doppelt besetzt. Das führt zu Beginn zu Verwirrung, nicht immer ist gleich klar, wer nun wer ist. Mit Ausnahme von Annie, die von Pernilla und Asta August gespielt wird, die auch in Wirklichkeit Mutter und Tochter sind und einander wie aus dem Gesicht geschnitten sind.

So still ist es in "Blackwater", dass man gar nicht merkt, wie dennoch Spannung entsteht

Nach und nach werden die Schicksale der Bewohner von Blackwater beleuchtet. Dabei entstehen zwischen Eifersuchtsdramen, verstoßenen Familienmitgliedern, grummeligen Dorfbewohnern und einer sektenartigen Kommune ständig neue Motive, die sich meistens dann doch in Sackgassen verlaufen. Bis zur letzten Folge bleiben die Zuschauer völlig im Unklaren darüber, wer die Tat begangen hat. Die Aufklärung des Mordes rückt zwischenzeitlich so oder so in den Hintergrund. Denn mindestens genauso spannend sind die Lebenswege der Figuren zwischen 1973 und 1991. Wer hat sich inzwischen von seinem Partner getrennt, eine neue Beziehung begonnen? Ist von der Kommune in die Stadt gezogen? Und warum hängen die Einzelschicksale der Beteiligten auch nach zwanzig Jahren so eng zusammen?

Und auch die Natur spielt eine bedeutende Rolle. Die Bilder der düsteren, nebeligen Wälder, Flüsse und Seen werden von mystischer Musik untermalt und von dem Rauschen der Flüsse, dem Kreischen der Wanderfalken. Das stimmungsvolle Naturmotiv gibt der Serie zusammen mit den unaufgeregten Dialogen trotz Mord und Totschlag eine für einen Krimi ungewöhnliche Ruhe. Und selbst als der Fall sich dann doch löst, passiert das alles so unaufgeregt, dass die Frage im Raum steht, wie denn bei all der Stille noch Spannung entstehen konnte.

Die Geschichte kommt jedenfalls auch ohne großen Nervenkitzel aus. Das macht Blackwater zusammen mit dem erstklassigen Retro-Feeling der Siebzigerjahre zu einer packenden Serie zum Miträtseln. Warum sie es trotz des großen Erfolgs in Schweden nur in das Nachtprogramm der ARD geschafft hat - das bleibt ein Rätsel.

Blackwater - Im Schatten der Vergangenheit. Jeweils drei Folgen am 24. März um 00.20 Uhr und am 25. März um 23.40 Uhr im Ersten.

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