Serie "Anna" auf Arte:Alle gegen alle

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Überleben in einer Welt ohne Erwachsene und sich auch noch um den kleinen Bruder kümmern: Anna (Giulia Dragotto) in der gleichnamigen italienischen Serie. (Foto: © Greta De Lazzaris/SKY Italia/Arte/© Greta De Lazzaris/SKY Italia/W)

Eine Pandemie ist ausgebrochen und nur die Kinder überleben: Die Serie "Anna" erzählt eine Dystopie auf Sizilien.

Von Elisa Britzelmeier

Draußen sind Monster, sagt Anna. Deswegen muss Astor drinbleiben, im Haus, innerhalb der Zäune des Landguts. Das ist Annas Aufgabe: den kleinen Bruder beschützen. Wenn er die Grenzen übertritt, wird er sterben, das redet sie ihm ein und macht ihm mächtig Angst, damit er folgsam ist. Dabei gibt es in dieser Serie auch ohne Monster genug, wovor man Angst haben muss.

Anna spielt in einer nahen Zukunft auf Sizilien, eine Seuche ist ausgebrochen, alle Erwachsenen sind tot. Kinder bekommen das Virus ebenfalls, werden aber nicht krank. Klingt vertraut. Die Serie basiert aber auf dem gleichnamigen Roman aus dem Jahr 2015, die Dreharbeiten begannen vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Der italienische Schriftsteller Niccolò Ammaniti hat bei der Verfilmung seines Romans nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern auch Regie geführt.

Die Nähe zu Corona wird besonders betont

"La Rossa", die Rote, heißt die Krankheit, sie beginnt mit Husten und roten Flecken und endet immer tödlich. Gegenmittel gibt es nicht, nur Gerüchte, dass irgendwo auf dem Festland jemand eine Impfung entwickelt haben könnte. Die Nähe zu Corona wurde in der Serie eigens betont. "Nur wie eine Grippe" sei das Ganze, ist in einer der Rückblenden zu hören, und von vermeintlichen Züchtungen im Labor. Städte sind Ansteckungsherde, weswegen Annas Mutter, als sie noch lebt, mit den Kindern aufs Land zieht, was im Roman noch anders motiviert war.

Hier auf dem Land ist Astor den ganzen Tag sich selbst überlassen, während Anna draußen nach Essen sucht, eine Dose Thunfisch, ein angeschimmeltes Stück Speck. Sie ist 13, bei ihr müsste die Krankheit jederzeit ausbrechen. Und sie weiß: Draußen ist Krieg. Die Kinder haben sich zu Banden zusammengeschlossen, die Großen als "die Weißen", die unter ihrer Schminke die ersten roten Flecken verstecken, die Kleinen als "die Blauen", die von ihnen herumkommandiert werden. Dann wird Astor entführt und Anna macht sich auf die Suche.

Die führt sie zu Angelica, die sich selbst zur Herrscherin der Postapokalypse erklärt hat. In einer Art Castingshow wählt sie ihr Gefolge aus. Sie macht ihnen weis, dass es da diese Erwachsene gibt, die überlebt hat. Und sie alle heilen kann. Anders als das Buch, das immer nah bei Anna bleibt, erzählt die Serie auch die Geschichte anderer Figuren ausführlicher, die Angelicas etwa, die schon vor der Pandemie, als Kind, über Leichen ging.

Leider vergibt die Serie hier Chancen. Bis auf wenige Ausnahmen zeigen die Geschichten dieser Nebenfigur nur eines: ihre durchgreifende Gewaltbereitschaft. Auch der Roman war düster und über weite Strecken hoffnungslos, aber die Serie zieht das derart in die Länge, dass man sich fragt, ob eine Verfilmung in normaler Spielfilmlänge nicht die schlüssigere Lösung gewesen wäre. Eigentlich geht es, in der Tradition von Werken wie William Goldings "Herr der Fliegen", ja um die Frage, was uns als Menschen ausmacht und vom Tier unterscheidet. Davon aber erzählen andere Szenen viel interessanter. Vor allem die, in denen es um die Liebe und Fürsorge Annas geht. Und solche, in denen man sieht, wie die Pandemie anfing.

Anna , ab 10. September in der Arte-Mediathek und ab 4. November auf Arte.

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