Die zehntgrößte Zeitung der Welt ist am Montag wie gewohnt erschienen. Das ist nach dem turbulenten Wochenende bei der britischen Sun durchaus eine Nachricht. Fünf hochrangige Journalisten des Blatts waren am Samstag wegen des Verdachts der Bestechung von Amtsträgern festgenommen worden. Die Sun, mit einer täglichen Auflage von mehr als 2,7 Millionen Exemplaren Großbritanniens meistverkaufte Zeitung, erlebt ihre größte Krise, seit sie 1969 vom Medienunternehmer Rupert Murdoch gekauft wurde.
Aufruhr bei der Sun: Fünf Journalisten waren am Wochenende wegen Verdachts der Bestechung festgenommen worden. Das Vorgehen stößt in der Redaktion auf gehörigen Unmut.
(Foto: REUTERS)Das Erscheinen der Sun, die ihm sehr am Herzen liegt, war allerdings die einzige gute Nachricht für Murdoch. Er muss nun ernsthaft fürchten, dass der Skandal um seine Blätter von Großbritannien nach Amerika schwappt. Mark Lewis, der mehrere Opfer des Abhörskandals um das inzwischen eingestellte Murdoch-Blatt News of the World (NotW) vertritt, erklärte am Sonntagabend, er werde in Bälde gegen Murdochs Konzern News Corp in den USA vorgehen - die Vorbereitungen befänden sich in einem "fortgeschrittenen Stadium".
Lewis vertritt unter anderem auch die Eltern Milly Dowlers, die 2002 entführt und ermordet worden war. NotW-Mitarbeiter hatten das Telefon des verschwundenen Mädchens gehackt. Offenbar steht Lewis bereits in intensivem Kontakt mit amerikanischen Anwälten in New York, um sein Vorgehen abzustimmen.
News Corp ist der Mutterkonzern von Murdochs weltweitem Medienunternehmen, zu dem in Großbritannien die Sun, die Times, die Sunday Times und ein knapp 40-prozentiger Anteil am Bezahlsender BSkyB gehören. Da das Unternehmen seinen Stammsitz in den USA hat, fällt es unter das "foreign corrupt practices act", welches das Zahlen von Schmiergeldern durch amerikanische Firmen im Ausland unter Strafe stellt. Daraus ergibt sich für Murdoch ein offenkundig bedrohlicher Zusammenhang: News Corp ist eine amerikanische Firma. Die Sun gehört zu News Corp. Mitarbeiter der Sun werden der Bestechung verdächtigt.
Es ist also gut möglich, dass wegen der britischen Vorgänge in den USA bald Klage gegen Murdoch eingereicht wird und dass amerikanische Behörden beginnen, wegen Korruption zu ermitteln. Die ohnehin schwierige Angelegenheit würde damit ungleich dramatischer für Murdoch, weil es dann um den gesamten Konzern ginge. In den USA sind die Sanktionen von Korruption bekanntlich streng, News Corp würden Strafen in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar drohen. Murdochs Position in seinem eigenen Konzern geriete in Gefahr.