Comedian:Michel Abdollahi - Bühne frei für den Bürgerschreck

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Unterdrückung der Frau durch den Islam? Bei ihm zu Hause werde eher der Vater unterdrückt, antwortete Michel Abdollahi auf die Frage einer Passantin. (Foto: dpa)

Der Reporter ließ sich von Passanten über den Islam ausfragen und campierte in einem Nazi-Dorf. Jetzt bekommt Abdollahi im NDR eine eigene Show - wenn der NDR wach ist.

TV-Kritik von Silke Burmester

Anja Reschke, Moderatorin des Politmagazins Panorama und Leiterin der Abteilung Innenpolitik des NDR, steht auf der Bühne des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg und sagt, sie wisse auch nicht, was sich hinter Panorama - Die Show verberge. Tatsächlich offenbart sich wenig Panorama, dafür umso mehr Michel Abdollahi.

Der aus dem Iran stammende Moderator hat über Jahre durch seine charmant-kluge und wortgewandte Moderation die Hamburger Slam-Szene ans Licht des bürgerlichen Bildungsvergnügens geführt - und wach, wie der NDR ist, wurde das Talent des Ausnahmemoderators bemerkt. Seither mäandert der 35-Jährige zwischen Unterhaltung und Journalismus und fordert den braven Bürger heraus, wenn er sich etwa mit einem Schild auf den Jungfernstieg stellt: "Ich bin Muslim. Was wollen Sie wissen?" Oder in das Nazi-Dorf Jamel zieht.

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Nun, acht Tage, nachdem der NDR mit ihm das Talkformat Käpt'ns Dinner ausprobiert hat, lädt er ins Theater. Vor ausverkauftem Haus bedient sich Abdollahi des unter Moderatoren aktuell sehr beliebten Möbels "Schreibtisch", um daran sitzend Panorama neu zu erfinden - oder auch, sein Ding durchzuziehen.

Abdollahi lässt sich in die Technik des unauffälligen Um-die-Ecke-Guckens einweisen

Denn Abdollahi will etwas. Er will wissen. Verstehen. Und so ist das Thema des Abends "Angst" und der Versuch, der Irrationalität einer vermeintlichen Bedrohung Vernunft entgegenzusetzen. Und wenn auch das Konzept nicht in Gänze überzeugt, und der Moderator mehr kann, als er an diesem Abend zeigt, so läuft er in den Einspielfilmen zu Hochform auf. Fernsehverantwortliche sollten überlegen, wie sie diesen Mann einsetzen, um dem Medium wieder zu mehr intelligenter politischer Auseinandersetzung zu verhelfen.

Zum Brüllen komisch etwa ist es, wenn Abdollahi sich von einem Ausbilder für Bürgerwehren in die Technik des unauffälligen Um-die-Ecke-Guckens einweisen lässt. Die Sprache nimmt es einem, wenn er in der Schweiz einen Mann trifft, der aus Angst vor den Ausländern, die überall lauern, nach Panama auswandern will. Abdollahi guckt in die Umgebung. Eine Idylle aus Wiesen und Äckern.

Formate wie Panorama - Die Show auf die Bühne zu bringen, ist in Tagen der Infragestellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein kluger Zug. Produktionen wie diese könnten ein Schritt zu einem System sein, das mehr Beteiligung derer zulässt, die es finanzieren. Schon am Abend der Aufzeichnung konnte das Publikum sein Votum abgeben. Sollte die Show gefallen haben, so solle man sich klatschend von den Stühlen erheben, der NDR-Programmdirektor sei anwesend, sagte Abdollahi. Das Publikum erhob sich. Gereicht hat das nicht.

Auf Nachfrage lässt Programmdirektor Frank Beckmann ausrichten: "Ob wir das Format in dieser Weise im Fernsehen fortsetzen, werden wir nach der Ausstrahlung entscheiden. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Michel Abdollahi."

Panorama - Die Show , NDR, 0 Uhr.

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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