Stilkritik: Shakiras WM-Song:Der Waka-Waka-Wahnsinn

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Sinnfreiheit, Disco-Gejodel und Ethno-Gestampfe: Shakiras "Waka Waka" erfüllt alle Mindestanforderungen an einen WM-Song. Aber was soll das mit Afrika zu tun haben?

Titus Arnu

So sicher wie das offizielle WM-Maskottchen, die offiziellen WM-Tröten und die offizielle WM-Bratwurst kommt alle vier Jahre die offizielle WM-Hymne übers Land. Es gibt kein Entrinnen, denn weil es sich eben um den offiziellen WM-Song handelt, spielen alle Radiostationen der Welt den Titel so oft wie möglich.

Nicht Lady Gaga, aber immerhin Lady Waka Waka: Die Kolumbianerin Shakira. (Foto: Reuters)

Das nervt. Denn ein offizieller WM-Song weist grundsätzlich nur ein Qualitätsmerkmal auf: Text und Rhythmus müssen möglichst einfach sein. Das Ding soll ja ein Welthit werden. Eine simple Mitsing-Melodie, dazu Bum-Bum-Gestampfe und ein paar Ethno-Elemente, die entfernt an den Austragungsort des Turniers erinnern.

Shakiras offizieller WM-Song Waka Waka erfüllt diese Mindestanforderungen. Waka waka? Das klingt ballaballa und hört sich genauso sinnfrei an wie "Simsalabimbambasaladusaladim"? Aber waka waka kommt aus der Bantusprache Fang und bedeutet so viel wie "Auf geht's" oder "Los jetzt!". Der Refrain lehnt an ein beliebtes kamerunisches Lied an, das 1987 durch die Gruppe Golden Voices bekannt wurde. Es war ursprünglich ein Marsch und wurde von Soldaten auch außerhalb Kameruns gesungen.

Das Macht aber gar nichts, denn Shakira lächelt nett, zeigt ihren nackten Bauch und lässt im offiziellen Video zum offiziellen Song offizielle Elefanten und offizielle Büffel mit einem inoffiziellen Ball spielen, dazu gibt es viel Getrommel und tanzende Afrikaner.

Schön im Hintergrund: die südafrikanische Band Freshlyground. Zentrale Botschaft es Waka-waka-Wahnsinns: hey, wir sind alle Afrika. Echt, hey? Wieso ist Shakira, eine Pop-Multimillionärin mit Wohnsitz auf den Bahamas, Tochter eines libanesisch-amerikanischen Vaters und einer spanisch-kolumbianischen Mutter, eigentlich Afrika?

Mit ihrem einzigartigen Disco-Jodelstil, ihren langen, dunkelblonden Locken und ihrem berühmten Hüftschwung ist die 1,57 kleine Frau ja nicht unsympathisch. Aber Afrika verkörpert sie genauso wenig, wie die Klassik-Pop-Band Il Divo Deutschland verkörpert - deren Song "Time of Our Lives" war übrigens der offizielle WM-Song im Jahr 2006. Der Titel ist zum Glück längst vergessen, außer vielleicht im Waka-waka-Land.

© SZ vom 8.6.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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