Neuss:Tafeln zur Kostensteigerung: „Grundfinanzierung nötig“

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Eine Helferin der Tafel packt eine Tüte mit der Aufschrift „Frohe Weihnachten“. (Foto: Mona Wenisch/dpa)

Die Tafeln in Nordrhein-Westfalen leiden unter den stark gestiegenen Energiekosten und vielfach hohen kommunalen Gebühren etwa für die Müllbeseitigung. Da sie...

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Neuss (dpa/lnw) - Die Tafeln in Nordrhein-Westfalen leiden unter den stark gestiegenen Energiekosten und vielfach hohen kommunalen Gebühren etwa für die Müllbeseitigung. Da sie gleichzeitig ihr Lebensmittelangebot an arme Menschen weiter ausbauen wollen, wünschen die Tafeln sich eine feste staatliche Grundfinanzierung für die sechs NRW-weit aufgebauten Verteilzentren und die Landesgeschäftsstelle. „Eine halbe Million Euro pro Jahr würde uns sehr helfen - damit man nicht jedes Jahr neu verhandeln muss“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes, Wolfgang Weilerswist, der Deutschen Presse-Agentur.

Mit finanzieller Hilfe des Landes haben die NRW-Tafeln 2021 sechs Verteilzentren in Dortmund, Dormagen, Köln, Coesfeld, Gütersloh und Siegen aufgebaut, die vor allem kleine Tafelstandorte auf dem Land unterstützen. Diese könnten sich nämlich immer weniger mit Lebensmitteln aus den Läden vor Ort versorgen, weil der Handel in der Fläche zunehmend Standorte schließt. So versorgt etwa das Siegener Verteilzentrum allein zwölf kleinere Tafeln in der Umgebung.

In den neuen Zentren gebe es auch Kühlcontainer, so dass die Tafeln nun auch Molkereiprodukte und überschüssige Tiefkühlware wie etwa Pizzen übernehmen könnten, sagte Weilerswist. Künftig sollten außerdem Verträge mit Lebensmittelketten auch für die Lieferung von Konserven verhandelt werden.

Trotz der erfolgreich gestarteten Verteilzentren blieben die Wege aber lang und mit den stark gestiegenen Benzinkosten teuer, sagte Weilerswist - im Schnitt müssten Tafeln auf dem Land 50 Kilometer einfache Fahrt zu ihren Verteilzentren zurücklegen. Hinzu kämen deutlich gestiegene Müll- und Entsorgungsgebühren, die sich für Großstadt-Tafeln oft auf fünfstellige Summen pro Jahr addierten.

Die aktuell 172 Tafeln in Nordrhein-Westfalen unterstützen mehr als 350 000 Menschen im Bundesland. Nach einem Rückgang der Kundenzahlen zu Beginn der Pandemie 2020 auch aus Furcht vor Ansteckungen habe sich die Nachfrage wieder stabilisiert. Vielfach kämen nun auch jüngere Menschen, die in der Pandemie ihre 450-Euro-Jobs etwa in der Gastronomie verloren hätten, sagte Weilerswist. Mit zunehmender Verbreitung der Booster-Impfungen holen sich auch wieder Menschen, die man lange nicht gesehen habe, Lebensmittel.

Bei den Corona-Schutzauflagen seien die Tafeln konsequent. Fast alle NRW-Tafeln gäben Lebensmittel nur an Geimpfte oder Genesene aus (2G). „Eine paar Handvoll“ Tafeln in NRW packten für ungeimpfte Kunden Pakete, die diese sich an einer Extra-Ausgabe abholen könnten. Dies sei aber wegen des höheren Aufwands nicht die Regel. Ehrenamtliche Helfer seien knapp und alle Menschen hätten ausreichend Gelegenheit, sich impfen zu lassen, betonte der Tafel-Chef.

Vor allem mangels Helfern deckt die Lebensmittel-Unterstützung über die Tafeln trotz aller Bemühungen bei weitem nicht den Bedarf - vor allem in den Großstädten. Interessenten bekommen so beispielsweise in Essen, einer der größten Tafeln in NRW, Bedarfsausweise immer nur für ein Jahr ausgestellt. Danach müssen sie für ein Jahr auf andere Weise über die Runden kommen. 2020 hätten Tafeln deutschlandweit rund 190 Lastwagenladungen gespendeter Lebensmittel wegen fehlender Kapazitäten ablehnen müssen.

Rund 12.600 Helfer engagieren sich bei den NRW-Tafeln - viele sind Rentner, 70 Prozent Frauen, schätzt Weilerswist.

© dpa-infocom, dpa:211224-99-496200/2

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