Braunschweig:Unbekannter unterstützt Einrichtungen mit Tüten voll Geld

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Braunschweig (dpa/lni) - Er verschenkt sein Geld in Tüten - "Wundertüten" gewissermaßen. Mal sind es 20 000 Euro, mal 50 000 Euro, nun sogar 100 000 Euro. Seit Anfang des Jahres hat ein Unbekannter in der Region Braunschweig wohl mindestens 200 000 Euro für wohltätige Zwecke gespendet. Jüngst wählte sich der Wohltäter ein Hospiz in Braunschweig aus.

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Braunschweig (dpa/lni) - Er verschenkt sein Geld in Tüten - „Wundertüten“ gewissermaßen. Mal sind es 20 000 Euro, mal 50 000 Euro, nun sogar 100 000 Euro. Seit Anfang des Jahres hat ein Unbekannter in der Region Braunschweig wohl mindestens 200 000 Euro für wohltätige Zwecke gespendet. Jüngst wählte sich der Wohltäter ein Hospiz in Braunschweig aus.

„Wir kriegen heute alle das breite Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht heraus“, sagt die Leiterin der Einrichtung, Petra Gottsand, am Dienstag. Einen Tag zuvor hatten ihr Vertreter der „Braunschweiger Zeitung“ eine Tüte mit wertvollem Inhalt überreicht: 200 Scheine im Wert von je 500 Euro. Eine so hohe Spende hat die Einrichtung, die Menschen auf ihrem letzten Lebensweg begleitet, noch nie erhalten. „Das ist schon Wahnsinn.“ Auch die Gäste des Hauses hätten Tränen in den Augen gehabt.

Die Identität des Spenders ist unbekannt. „Wir wissen es schlichtweg nicht und wir wollen die gute Sache auch nicht gefährden“, sagt David Mache von der „Braunschweiger Zeitung“. Ihm zufolge hat sich der Wohltäter mehrfach bei der Zeitung gemeldet, um Spenden zu übergeben. „Wir gehen momentan davon aus, dass er in sechs oder sieben Fällen in unserem Verbreitungsgebiet aktiv war.“

Eine Kollegin kenne das Gesicht des Wohltäters, aber nicht dessen Namen, erzählt Mache, der Stellvertreter des Chefredakteurs ist. Die Frau habe dem Spender zugesichert, ihn niemals zu verraten. Deshalb sage die Frau überhaupt nichts, wenn sie auf die anonymen Spenden angesprochen werde.

Nach Einschätzung des Deutsche Zentralinstituts für soziale Fragen sind solche Spenden eher selten. „Eine anonyme Spende ist eine Besonderheit“, sagt Geschäftsführer Burkhard Wilke in Berlin. Die meisten Menschen wollten für eine Spende eine Spendenbescheinigung. Zudem sei Transparenz wichtig, um Missbrauch vorzubeugen.

Das Vorgehen des Unbekannten in Braunschweig ist Mache zufolge bislang meist so abgelaufen: Nach einer Ankündigung mit Terminvereinbarung übergibt er seine Spende in den Räumen der Zeitung und verschwindet wieder. „Die Geschenktüte ist das Markenzeichen.“ Vorne auf der Tüte ist jeweils notiert, wie viel Geld die Einrichtung bekommt. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Tüte mit einem gezeichneten Tier verziert ist. Beim Braunschweiger Hospiz war es eine Katze, bei einer Spende für bedürftige Kinder ein Hase, bei einer für Demenzkranke ein Fuchs. „Die Basteleien sehen eigentlich immer identisch aus, außer dass sich das Tier ändert.“

„Das ist so liebevoll gebastelt“, erzählt die Hospizleiterin über die Verpackung der 100 000-Euro-Spende. „Hinten steht „Wundertüte“ darauf. Wofür das Geld eingesetzt werden soll, will Gottsand mit ihrem Team beraten. Im Begleitschreiben heißt es: „Schwerstkranken Menschen das Sterben zu erleichtern, ist ein Zeichen menschlicher Wärme und erfordert Respekt und Anerkennung.“

Die Auswahl der Empfänger hat aus Sicht von Mache einen Bezug zur Arbeit seiner Zeitung: „Die Spenden stehen tatsächlich in Zusammenhang mit unserer Berichterstattung über bestimmte Initiativen.“ So gab es in der vergangenen Woche eine Ankündigung für ein Sommerfest im Braunschweiger Hospiz. In der „Wundertüte“ lagen neben den Geldschein-Bündeln zwei Briefe. Einer war für das Hospiz und einer für die Chefredaktion der „Braunschweiger Zeitung“. „Ich versichere nochmals, dass alle meine Spenden ausschließlich aus versteuertem Einkommen getätigt werden“, zitiert die Zeitung aus dem Schreiben. Demnach bedankte sich der Spender bei der Chefredaktion für die Übergabe und bat um Anonymität.

An der Rechtmäßigkeit der Spenden hat die „Braunschweiger Zeitung“ keine Zweifel. „Wir sehen keine Anzeichen dafür, dass das nicht ok sein könnte“, sagt Mache. Kopfzerbrechen bereite höchstens, wie das Geld möglichst schnell übergeben und dann zur Bank gebracht werden könne. Über den Spender werde mitunter gerätselt. „Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass das ein Mensch ist, der an seinem Lebensabend steht und Gutes tun will“, sagt der Journalist.

Ob es einen Zusammenhang zum sogenannten „Wunder von Braunschweig“ gibt, ist derweil unklar. Vor einigen Jahren sorgten in der Stadt zahlreiche anonyme Spenden für Schlagzeilen. Mehrere wohltätige Einrichtungen erhielten mit Geld gefüllte Umschläge. Zwischen November 2011 und März 2013 gingen rund 250 000 Euro an Kindergärten, Suppenküchen, Kirchengemeinden, soziale Projekte oder auch Einzelpersonen. Auch bei dieser Serie spielte die „Braunschweiger Zeitung“ eine Rolle: Das Geld steckte in einem Umschlag - meist gemeinsam mit einem Bericht der „Braunschweiger Zeitung“, der auf den Verwendungszweck hinwies.

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