Paralympics:Müllers dramatische Kanu-Premiere in Rio

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Rio de Janeiro (dpa) - Edina Müller schüttelte ihre Silbermedaille. Die Paralympics-Medaillen geben Rasselgeräusche von sich, damit auch Blinde sie hören können.

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Rio de Janeiro (dpa) - Edina Müller schüttelte ihre Silbermedaille. Die Paralympics-Medaillen geben Rasselgeräusche von sich, damit auch Blinde sie hören können.

In der Goldmedaille sind die meisten kleinen Kügelchen, daher klingen sie etwas lauter als die Silberne. Müller hatte die lautere Medaille um einen Wimpernschlag verpasst. Nur 0,114 Sekunden fehlten ihr am Ende im ersten Kanu-Rennen der paralympischen Geschichte. Die Hamburgerin freute sich trotzdem. „Wir haben hier Geschichte geschrieben.“

„Die Stimmung ist fantastisch“, sagte Müller. Sie will sich nun über Silber freuen, auch wenn sie auf Gold gesetzt hatte. Noch etwas knapper verpasste wenig später Tom Kierey Gold. Auf den Ukrainer Sergej Jemeljanow fehlten dem Dresdner am Ende 0,099 Sekunden. Direkt nach der ersten Enttäuschung sagt er: „Ich war ganz dicht dran. Die klare Ansage für Tokio 2020 ist: Es geht weiter.“ Der Start war auch bei ihm nur mäßig. „Aber zweimal Silber mit vier Leuten beim ersten Event - was will man noch?“, fragte er zu Recht.

Edina Müllers Dauerkonkurrentin Jeanette Chippington aus Großbritannien kam deutlich besser weg am Start. Und dann machten der 33-Jährigen vom Hamburger Kanu Club auch noch die Bedingungen zu schaffen. „Gold wäre in jedem Fall möglich gewesen. Wir hatten ziemlich starken Seitenwind, da musste man ziemlich gegenlenken“, sagte sie nach dem Rennen. Immer näher kam sie heran, ein dramatisches Finale, langes Warten auf das Ergebnis. Vielleicht fünf Meter mehr und Müller hätte vorn gelegen.

Es ist eine dieser paralympischen Geschichten. Nach einem Volleyball-Spiel hatte Müller Rückenschmerzen, sie war damals 16 Jahre alt, hatte das Leben noch vor sich. Ein Orthopäde versuchte, einen Wirbel wieder einzurenken. Dabei wurde ihr Rückenmark irreparabel beschädigt, seither sitzt sie im Rollstuhl.

Bei den Paralympics 2012 in London triumphierte sie mit den Rollstuhl-Basketballerinnen. Sie gewann zudem dreimal EM-Gold sowie WM-Silber und Bronze. Dann suchte Müller eine neue Herausforderung und stieg ins Kanu um. Sie wurde in diesem Jahr im Sprint über 200 Meter schon Welt- und Europameisterin.

Im malerischen Ruder- und Kanustadion an der nahe des Stadtteils Copacabana gelegenen Lagune Rodrigo de Freitas brachten Tanzgruppen zu brasilianischen Rhythmen die Zuschauer in Wallung, der Cristo wacht oben vom Corcovado über die Szenerie.

Viele Deutschland-Fahnen waren auf den Tribünen zu sehen, Müller-Fans. Lauter Jubel, als sie auf Startbahn 4 vorgestellt wurde, auch der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), Friedhelm Julius Beucher, feuerte sie an. Und am Ende war er von seinem Silber-Duo Müller und Kierey begeistert. „Wir haben zwei Top-Silbermedaillen errungen. Das sind zwei Kampf-Silber, die wie Goldmedaillen sind“, lobet der Verbandschef und zog weiter zu den Rollstuhl-Basketballerinnen.

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