Paralympics:Drei weitere Medaillen für deutsches Team

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Rio de Janeiro (dpa) - Die deutschen Behindertensportler haben ihren bislang erfolgreichsten Wettkampftag bei den Paralympics in Rio de Janeiro hinter sich. Ihren großen Erfolgen beim Radsport ließen sie in der Nacht zum Freitag noch einmal drei weitere Medaillen folgen.

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Rio de Janeiro (dpa) - Die deutschen Behindertensportler haben ihren bislang erfolgreichsten Wettkampftag bei den Paralympics in Rio de Janeiro hinter sich. Ihren großen Erfolgen beim Radsport ließen sie in der Nacht zum Freitag noch einmal drei weitere Medaillen folgen.

Dreimal Gold, fünfmal Silber und zweimal Bronze lautet die Bilanz des gesamten Tages. Nach 401 von 521 Entscheidungen liegt die deutsche Mannschaft (12/18/10) bereits auf Platz sechs der Nationenwertung. Dort führt weiter China (84/66/42) vor Großbritannien (48/28/31).

Vico Merklein sorgte am Donnerstagabend bereits für den sechsten Sieg der Radsportler binnen 24 Stunden. Dominiert wurde der achte Wettkampftag aber vor allem von den Allroundern: Die Wintersportlerin Andrea Eskau und die ehemalige Schwimmerin Christiane Reppe gewannen jeweils ihr Straßenrennen mit dem Handbike. Dazu holte die frühere Basketballerin Edina Müller Silber bei der paralympischen Kanu-Premiere.

Überdies erkämpfte sich Tom Kierey ebenfalls den zweiten Platz auf der Kanustrecke. Leichtathlet David Behre vervollständigte mit Silber über 400 Meter seinen Medaillensatz bei diesen Spielen. Den Schlusspunkt des Tages im Radsport setzte Handbiker Max Weber mit seinem zweiten Platz.

Bereits eine Medaille sicher haben die Rollstuhl-Basketballerinnen. Der Paralympics-Sieger von 2012 zog durch ein 55:45 (25:12) gegen die Niederlande ins Finale an diesem Freitag gegen die USA ein.

Merklein bestimmt in seiner Klasse seit Jahren die Straßen-Szene mit dem Liegend-Handbike, hatte bislang aber noch nie einen großen Titel bei WM oder Paralympics gewonnen. „Zehn Jahre habe ich dafür gearbeitet. Es gibt keinen besseren Rahmen für so einen Erfolg als hier“, erklärte er glücklich.

Weltmeisterin Christiane Reppe holte sich ihren ersten Paralympics-Sieg, nachdem sie bereits 2004 zweimal Bronze im Schwimmbecken erobert hatte. „Es war mein großer Traum, dieses Gold zu holen“, sagte sie. Nach dem Ende ihrer Schwimmkarriere hatte die 29 Jahre alte Dresdnerin ein Jahr lang pausiert und dann neu mit dem Radsport begonnen. „Ich liebe das Handbike. Das ist viel besser als das Schwimmen, weil es da einfach mehr Action gibt“, meinte sie.

Wenige Minuten später überquerte Andrea Eskau die Ziellinie ihres Rennens und feierte damit den dritten Paralympics-Sieg im Straßenrennen in Serie. „Dreimal Straßen-Gold hintereinander - darauf bin ich stolz, und das zeigt, wie lange ich schon auf diesem Niveau unterwegs bin“, sagte die 45-jährige Magdeburgerin. „Das war sicherlich nicht das leichteste Gold. Die anderen könnten ja teilweise meine Töchter sein“, meinte die Ausdauer-Athletin, die 2014 bei den Winter-Paralympics im Biathlon und Langlauf gewonnen hatte.

Nur Millimeter fehlten zu weiteren Goldmedaillen: Erst im Foto-Finish verpassten Edina Müller und Tom Kierey sowie David Behre weitere Siege. Die Hamburgerin Müller musste sich über 200 Meter ihrer Dauer-Rivalin Jeanette Chippington um 0,114 Sekunden geschlagen geben. Dem Dresdner Kierey fehlten gar nur 0,099 Sekunden auf den Ukrainer Sergej Jemeljanow. Und die Steigerung lieferte dann Behre im Olympiastadion: Bei seinem Europarekord von 46,23 Sekunden über 400 Meter war der Neuseeländer Liam Malone 0,03 Sekunden schneller als der Leverkusener.

„Das sind zwei Kampf-Silber, die wie Goldmedaillen sind“, sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), nach den Kanurennen. Die Kanuten trauerten den knapp verpassten Siegen nicht lange nach. „Wir können jetzt Silber feiern“, meinte Kierey. Auch Edina Müller blickte über den Tag hinaus. „Wir haben hier Geschichte geschrieben.“

Behre hat unterdessen seinen Medaillensatz komplettiert, nachdem der beidseitig Unterschenkel amputierte Sprinter bereits Gold mit der 4x100-Meter-Staffel und Bronze über 200 Meter gewonnen hatte. „Im ersten Moment war ich enttäuscht, weil es so super, super knapp war, aber die Zeit ist supergeil“, sagte der 30-Jährige und erinnerte an London-Sieger Oscar Pistorius, der in Südafrika wegen Mordes an seiner Lebensgefährtin im Gefängnis sitzt: „Ich hätte gerne die Thronfolge von Pistorius angetreten, aber mit der Zeit ist auch Silber sehr viel wert.“

Zweite Medaille beim Schwimmen

Torben Schmidtke vom SC Potsdam wurde in der Nacht Dritter über 100 Meter Brust und bescherte den deutschen Schwimmern damit überhaupt erst die zweite Medaille in Rio. Zuvor hatte der 29-Jährige bereits bei den Weltmeisterschaften 2015 (Bronze) und bei den Paralympics 2012 (Silber) je eine Medaille auf seiner Spezialstrecke geholt. Christoph Burkard wurde Sechster dieses Rennens. Es gewann der Ukrainer Jewgeni Bogodaiko in der Weltrekordzeit von 1:18,71 Minuten.

Zwei Medaillen im Sprint

Die deutschen Leichtathleten holten im Olympiastadion von Rio sogar zwei Medaillen in weniger als einer halben Stunde. Irmgard Bensusan gewann nach Silber über 400 Meter nun auch Silber über 200 Meter in der Startklasse T44. Der sehbehinderte Thomas Ulbricht sprintete über 100 Meter auf Platz drei seines Finals.

Nur Platz vier für Titelverteidiger Popow

Weltmeister 2013, Paralympics-Sieger 2012 und dazu noch ein Weltrekord im Weitsprung Ende August: Heinrich Popow war hochmotiviert und mit viel Selbstvertrauen nach Rio gereist. Als Vierter in 12,46 Sekunden verpasste der 33-Jährige die erhoffte 100-Meter-Medaille aber um 14 Hundertstel. Es gewann der Freund der deutschen Weitsprung-Siegerin Vanessa Low. Der Australier Scott Reardon lief in 12,26 Sekunden einen paralympischen Rekord.

Tischtennis-Team erreicht Finale

Das deutsche Tischtennis-Team der Männer spielt in Rio um Gold. Thomas Brüchle und Thomas Schmidberger gewannen ihr Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien mit 2:0 und treffen nun im Endspiel am späten Freitagabend auf Top-Favorit China. Europameister Brüchle gewann zunächst sein Einzel gegen Welder Knaf mit 3:1 Sätzen. Danach setzten sich Schmidberger und er auch im Doppel mit 3:0 durch. China setzte sich in seinem Halbfinale gegen Thailand durch. Herausragender Spieler dieses Teams ist Panfeng Feng, der im Einzelwettbewerb Gold gewann und dabei nacheinander Brüchle und Schmidberger schlug.

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