Anne Will sprach mit der Süddeutschen Zeitung über Homosexualität im Fußball, ihre eigenen Outing-Erfahrungen und ihr Verhältnis zur Kirche. Lesen Sie Auszüge aus dem Interview.
SZ: Seit Monaten wird diskutiert, ob homosexuelle Fußballer sich outen sollen. Es könnte sie von einem immensen Druck befreien, sagen Befürworter. Skeptiker hingegen warnen, sie hätten es dann erst recht schwer. Was meinen Sie?
Anne Will: Im System Fußball wird ein durchgedrehter Männlichkeitskult gepflegt, der es einem Homosexuellen offenbar unmöglich macht, sich zu bekennen. Das ist ein grauenhafter Befund.
SZ: Guido Westerwelle, Klaus Wowereit, Ole von Beust - die Liste der bekennenden Schwulen ist hochkarätig, aber nicht unbedingt lang. Banker, Konzernchefs, Schauspieler oder Medienmenschen haben offenbar immer noch Scheu, sich zu outen. Warum?
Will: Es ist wohl die Angst vor dem Karriereknick. Und auch die Angst, ein Thema öffentlich breitgetreten zu sehen, das sehr privat, sehr intim ist. Wowereit war der erste Politiker, der sich mit hohem persönlichen Risiko zur Homosexualität bekannt hat. Davor ziehe ich immer noch den Hut. Er hat wirklich etwas freigekämpft.
SZ: Nachdem Sie sich vor zweieinhalb Jahren im Berliner Jüdischen Museum mit Miriam Meckel als Paar fotografieren ließen, war die öffentliche Reaktion einhellig positiv: Bild feierte das schöne Damenduo, dem Spiegel gefiel, dass Sie nicht aussehen wie "Kampflesben", der Stern ermittelte 16 Prozent Sympathiezuwachs. Wie war denn die nichtöffentliche Reaktion? Bei der ARD, beim Publikum?
Will: Meine jeweiligen Vorgesetzten und mein enges Umfeld haben immer Bescheid gewusst. Ich wollte nicht mit einer Lüge durchs Leben laufen. Viele junge Frauen, auch ein paar junge Männer, haben sich bei Miriam und mir bedankt. Sie haben geschrieben, es helfe ihnen, wenn sie zu Hause mit Verweis auf uns sagen können: Es ist alles gar nicht so schlimm, wie die Eltern sie das glauben machen wollen. Das bedeutet mir was.
SZ: Wie reagieren Sie auf weniger freundliche Post?
Will: Es gibt Briefe, die man mir nicht zeigt, um mich nicht zu beunruhigen. Ich muss zum Beispiel nicht unbedingt Morddrohungen lesen.
SZ: Und wie ist es allgemein mit Kritik in Zeitungen? Nach dem Gespräch mit der Kanzlerin stand in Bild über Sie: "Süß, lieb, ein Girlie, fehl am Platz".
Will: Also, das habe ich nicht ernst genommen. Ansonsten gehe ich sportlich mit Kritik um, schaue, ob ich etwas daraus lernen kann. Ich habe viele Formate im Fernsehen moderiert, aber dieses am Sonntagabend ist eine besondere Herausforderung. Man arbeitet mit fünf Unbekannten, die man mal mehr, mal weniger gut zusammenbringt: den Gästen. Am Anfang hat mich das schon gestresst. Und dann ist man nicht gut.
SZ: Die rheinische Frohnatur in Ihnen, deren Lebenstraum die Teilnahme am Kölner Rosenmontagszug ist, vermissen wir ein bisschen.
Will: Das wundert mich immer, wenn ich so etwas höre. Sieht mich denn überhaupt keiner lachen? Dabei amüsiere ich mich häufig wie Bolle.
SZ: Wie bringen Sie sich vor der Sendung in Stimmung? Wir nehmen an, für eine Kölner Katholikin beginnt der Sonntag mit dem Kirchgang.
Will: Ich lese die Sonntagszeitungen, jogge manchmal, bereite mich vor. In die Kirche gehe ich seit langer Zeit nicht mehr. Ich bin zwar noch zahlendes Mitglied, aber die Betonung liegt auf noch. Es ist schwer für mich, Mitglied eines Vereins zu sein, der mein Leben ablehnt. Und der über Jahre systematisch sexuelle Gewalt an Kindern vertuscht hat.
Das vollständige Interview lesen Sie in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung.