Kiel:Maskenpflicht macht Antidiskriminierungsstelle viel Arbeit

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Eine FFP2-Maske liegt auf einem Tisch. (Foto: Daniel Karmann/dpa/Archivbild)

Vor allem die Maskenpflicht in der Corona-Pandemie hat zu einem immensen Anstieg der Anfragen an Schleswig-Holsteins Antidiskriminierungsstelle geführt. Die...

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Kiel (dpa/lno) - Vor allem die Maskenpflicht in der Corona-Pandemie hat zu einem immensen Anstieg der Anfragen an Schleswig-Holsteins Antidiskriminierungsstelle geführt. Die Anzahl der Beratungsfälle habe sich im Berichtszeitraum 2019/2020 im Vergleich zu den beiden Vorjahren von 341 auf 698 Eingaben mehr als verdoppelt, sagte deren Leiterin Samiah El Samadoni am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts. Allein 308 Beschwerden richteten sich gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Abdeckung im Einzelhandel, in Schulen oder Behörden.

„Im Jahr 2020 hat die Corona-Pandemie immer wieder zu Ausgrenzungen besonders schutzwürdiger Menschen und damit auch zu einer erheblichen Steigerung der Anzahl an Petitionen geführt“, sagte El Samadoni. Oft wurden Menschen, die aufgrund einer Behinderung keine Maske tragen können, von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Als Beispiel nennt die Bürgerbeauftragte den Fall eines Norddeutschen, der durch Attest von der Maskenpflicht befreit ist und sich aber die ihm zustehenden Masken in einer Apotheke abholen wollte. Ihm wurde jedoch der Zutritt in das Geschäft verwehrt.

El Samadoni schätzt, dass rund die Hälfte der Fälle „keine echten Beschwerden“ seien, weil sie beispielsweise von Menschen stammten, welche die Existenz des Coronavirus leugneten. Sie sieht dringenden Handlungsbedarf, um der stark eskalierten Situation zur Maskenpflicht entgegenzuwirken. El Samadoni fordert einen einheitlichen Nachweis zur Befreiung von der Maskenpflicht durch das Land. Lichtbild und Stempel reichten ähnlich wie bei Behindertenausweisen aus.

Bereits im August hatte die SPD einen Ausweis für Menschen gefordert, die aufgrund einer Behinderung keinen Mund-Nasen-Schutz tragen können. „Leider wurde unser Antrag damals von der Jamaika-Koalition abgelehnt“, sagte die SPD-Sozialpolitikerin Birte Pauls. Der Landtag wollte das Thema im Sozialausschuss weiter beraten.

Immer wieder Thema in der Antidiskriminierungsstelle sind auch Fälle von Rassismus auf dem Wohnungsmarkt. Besonders drastisch war laut El Samadoni der Fall eines afghanischen Altenpflegers. Dieser hatte seine Stundenzahl reduziert, um sein Abitur zu machen. Ein Immobilienmakler reagierte zunächst positiv. Das änderte sich, als er von einer Flüchtlingshelferin von der Herkunft des Interessenten erfuhr. Dann sei die Aussage gefallen, dass an Ausländer nicht vermietet werde, sagte El Samadoni. Der Altenpfleger habe vor Gericht eine Entschädigung in Höhe von 2000 Euro erstritten. Obwohl in vielen Fällen eine rassistische Diskriminierung offensichtlich gewesen sei, habe sich aber kaum jemand für den Klageweg entschieden.

El Samadoni forderte, eine wirkungsvolle Rechtsgrundlage für die Auseinandersetzung mit Fällen von Diskriminierung zu schaffen. „Das sollte eine Ordnungswidrigkeit werden, damit der Staat von sich aus ein Bußgeld verhängen kann.“

Probleme bereitet im Norden im Zuge der Digitalisierung aber auch Altersdiskriminierung. Mehrere Petenten beschwerten sich, dass ihnen faktisch der Zugang zu Wohnungen verwehrt wurde, weil Bewerbungen für Angebote nur online möglich waren. Und ein älterer Kommunalpolitiker, der zwar mit einem Notebook ausgestattet worden war, hatte mangels digitaler Kompetenz keinen Zugriff mehr auf die nur digital zugänglichen Informationen zu den Sitzungen. „Es ist nach wie vor notwendig, neben digitalen Möglichkeiten stets auch eine analoge Alternative anzubieten“, sagte El Samadoni.

© dpa-infocom, dpa:210429-99-400030/4

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