Gesellschaft - Kassel:Volksverhetzungs-Prozess: Professor will Aussagen belegen

Kassel (dpa/lhe) - Ungewöhnlich hat am Mittwoch ein Prozess wegen umstrittener Äußerungen eines Kasseler Biologie-Professors über Homosexuelle begonnen. Statt einer persönlichen Äußerung ließ der Wissenschaftler Ulrich Kutschera vor dem Amtsgericht Kassel biowissenschaftliche Definitionen vorlesen. Außerdem beantragte die Verteidigung, ein Buch Kutscheras "Das Gender-Paradoxon" als Beweis in den Prozess einzuführen. "Erst nach Einführung des Buches wird ersichtlich werden, dass Äußerungen auf biologischem Fachwissen beruhen", erklärte sein Anwalt.

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Kassel (dpa/lhe) - Ungewöhnlich hat am Mittwoch ein Prozess wegen umstrittener Äußerungen eines Kasseler Biologie-Professors über Homosexuelle begonnen. Statt einer persönlichen Äußerung ließ der Wissenschaftler Ulrich Kutschera vor dem Amtsgericht Kassel biowissenschaftliche Definitionen vorlesen. Außerdem beantragte die Verteidigung, ein Buch Kutscheras "Das Gender-Paradoxon" als Beweis in den Prozess einzuführen. "Erst nach Einführung des Buches wird ersichtlich werden, dass Äußerungen auf biologischem Fachwissen beruhen", erklärte sein Anwalt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 64-Jährigen unter anderem Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung und Verleumdung vor. Die Vorwürfe beziehen sich auf ein Interview, das 2017 auf dem katholischen Internetportal kath.net erschien. Darin hatte sich der Kasseler Uniprofessor zur "Ehe für alle" geäußert, also zu Eheschließungen unter Personen gleichen Geschlechts.

Unter anderem hatte Kutschera erklärt: "Sollte das Adoptionsrecht für Mann-Mann bzw. Frau-Frau-Erotikvereinigungen kommen, sehe ich staatlich geförderte Pädophilie und schwersten Kindesmissbrauch auf uns zukommen." An anderer Stelle sprach er bei Homo-Männerpaaren mit Adoptivsohn unter bestimmten Umständen von einem möglichen "Horror-Kinderschänder-Szenario".

Wegen des Interviews hatten mehrere Homosexuelle und Kasseler Studentenvertreter Anzeige erstattet: "Ich bin homosexuell, aber kein Kinderschänder und kein pädophiles Horrorszenario", sagte ein 51-jähriger Zeuge. Der Arzt, Kulturwissenschaftler und Psychotherapeut bezeichnete die Äußerungen Kutscheras als "unqualifizierte Aussagen eines Pflanzenbiologen".

Die Verteidigung stellte 14 Beweisanträge. Sie wollte durch Mediziner und Forscher belegen, dass die Äußerungen des Uniprofessors auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fußten und keine Beleidigung Homosexueller darstellen. Kutschera habe zudem biologische Fachsprache benutzt, die sein Fachbuch erkläre. So könne Pädophilie auch übersteigerte Elternliebe bedeuten. Kindesmissbrauch könne auch emotionaler Art durch Vater- oder Mutterentzug sein. Der Begriff "sexueller Kindesmissbrauch" komme in dem Interview nicht vor.

Der Prozess wurde am Abend ohne Urteil ausgesetzt. Nun soll ein neuer Termin gefunden werden.

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