Familien-Newsletter:Was tun gegen Kinderarmut?

Lesezeit: 2 min

Die Kindergrundsicherung soll vor allem bisherige Leistungen wie Kindergeld, die Bürgergeldzahlungen für Kinder und den Kinderzuschlag für ärmere Familien bündeln (Symbolbild). (Foto: Ute Grabowsky/imago images/photothek)

Seit vielen Jahren gilt jedes fünfte Kind als armutsbetroffen - doch wie man sie bekämpft, ist neuer Stoff für Streit in der Ampelregierung.

Von Barbara Vorsamer

Dieser Text stammt aus dem Familien-Newsletter der Süddeutschen Zeitung, der jeden Freitagabend verschickt wird. Hier können Sie ihn abonnieren.

Liebe Leserin, lieber Leser,

jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet. Seit Jahren ist das nun schon so, ich schreibe Ihnen das einmal im Jahr, immer dann, wenn die Bertelsmann-Stiftung ihre Erhebung dazu veröffentlicht. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass fast drei Millionen Kinder nicht so am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, wie es ihnen zu wünschen wäre: Ihre Eltern können ihnen nicht ohne weiteres Klassenfahrten bezahlen, gesundes Essen ist Luxus, eine neue Schuhgröße ein Problem.

Für ein so wohlhabendes Land wie Deutschland ist das beschämend, meiner Meinung nach, weswegen ich mich gefreut habe, dass die Bundesregierung sich in ihrem Koalitionsvertrag vor eineinhalb Jahren auf die Einführung einer sogenannten Kindergrundsicherung einigte. Die Idee dahinter war, die zahlreichen Förderungen für Kinder und Familie, wie Kindergeld, Bürgergeld, die Beiträge für die Teilnahme an Sport- und Kulturveranstaltungen und den Kinderzuschlag für Eltern mit geringen Einkommen in eine Maßnahme zusammenzufassen und zudem aufzustocken. Familienministerin Lisa Paus meldete dafür einen Bedarf von zwölf Milliarden Euro an. Finanzminister Christian Lindner hält das für "derzeit nicht realisierbar". Ein neuer Streit in der Ampel zeichnet sich ab.

Ich muss zugeben, dass ich erstmal ganz schön frustriert war, als ich diese Nachricht gehört habe. Das Gefühl, dass dem Staat immer dann das Geld ausgeht, wenn Kinder und Familien dran wären, hatte ich schließlich schon öfter, zum Beispiel, als während der Corona-Pandemie Hilfen verteilt wurden. Oder beim nun endlich eingeführten 49-Euro-Ticket, das mit einem Flickenteppich aus Sonderregelungen daherkommt. Die kostenlose Mitnahme von eigenen Kindern - eigentlich üblich bei Bahn und vielen Verkehrsverbünden - gilt nur für Kinder bis sechs Jahre.

Doch mein Kollege Roland Preuß kann dem neuen Koalitionskonflikt etwas Positives abgewinnen. In seinem Kommentar schreibt er: "Endlich wird in Deutschland wieder mehr über die Situation der Kinder gesprochen." Und: "Ein besseres Leben für Kinder ist nicht kostenlos zu haben, es wird zusätzliche Milliarden kosten. Eine gezielte Ausweitung der Hilfen für Familien ist dafür unverzichtbar." Er bezeichnet aber auch Paus' Konzept als noch unausgereift und fordert eine politische Auseinandersetzung darüber, wie armen Kindern am besten geholfen werden kann. Seinen Leitartikel lesen Sie hier.

Ich störe mich mittlerweile manchmal am Begriff "Kinderarmut". Klar, er wird verwendet, weil die meisten Personen dabei an unschuldige kleine Menschen denken, die nichts für ihr Schicksal können und denen daher dringend geholfen werden muss - statt an Erwachsene, denen man mehr Eigenverantwortung zumuten kann. Doch man kann Kinder nicht getrennt von ihrer Familie betrachten: Jedes arme Kind hat mindestens einen armen Elternteil. Kinderarmut ist Elternarmut, sehr oft Mütterarmut (ein großer Anteil der armen Kinder lebt bei Alleinerziehenden, von denen wiederum die Mehrheit weiblich ist).

Damit es armen Kindern besser geht, brauchen ihre Eltern mehr Geld, und die politische Frage ist: Wie lässt man es ihnen zukommen? Im Moment gibt es mehr als hundert Förderinstrumente mit unterschiedlichen Zielen, selbst die Sachbearbeiter der Behörden blicken nicht durch. Wie viele Familien an der Bürokratie verzweifeln, beschreiben Vera Kraft und Roland Preuß hier.

Eine Reform ist hier wirklich dringend notwendig. Ich hoffe daher sehr, dass das letzte Wort zum Thema Kindergrundsicherung noch nicht gesprochen ist.

Ein schönes Osterwochenende wünscht

Barbara Vorsamer

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