Familie:Offenheit statt Geheimniskrämerei: Streit ums Erbe vorbeugen

Lesezeit: 2 min

Nürnberg (dpa/tmn) - Streit, Unsicherheit, Neid: Der Nachlass sorgt in manch einer Familie für Konflikte und Enttäuschungen. Offenheit hilft, dass es nicht so weit kommt. Aber das Thema überhaupt anzugehen und dann anzusprechen, ist für viele ältere Menschen nicht leicht.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Nürnberg (dpa/tmn) - Streit, Unsicherheit, Neid: Der Nachlass sorgt in manch einer Familie für Konflikte und Enttäuschungen. Offenheit hilft, dass es nicht so weit kommt. Aber das Thema überhaupt anzugehen und dann anzusprechen, ist für viele ältere Menschen nicht leicht.

Dabei hat der Nachlass einen hohen Stellenwert: „Viele Menschen der Nachkriegsgeneration verfügen über beträchtliche Werte und sind mit ihrem Vermögen sorgsam umgegangen“, sagt Monika Willich. Sie ist beim Malteser Hilfsdienst für Nachlässe verantwortlich. Das Erbe ist aber nicht selten ein Tabu-Thema in Familien. „Manchmal lassen die Eltern ihre Kinder das Testament nicht sehen“, erzählt Stephan Konrad, Fachanwalt für Erbrecht und Mediator. Das sei ein Fehler.

Nur warum ist der Nachlass überhaupt so ein schwieriges Thema? Weil es mit der eigenen Endlichkeit verknüpft ist, erklärt Frieder Lang, Professor für Alternsforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Den Nachlass zu ordnen, zwingt viele Menschen, sich mit ihrem Tod und mit dem Sterben auseinanderzusetzen. Da gibt es Ängste, Sorgen, aber auch Unsicherheit, weil man niemanden enttäuschen möchte.“ Viele Ältere fürchten Streit und Konkurrenz unter den Erben. Und wie bei anderen unliebsamen Aufgaben neigt man dazu, sie vor sich herzuschieben.

Aber wenn man das Erbe geregelt hat, fühlt man sich leichter ums Herz. Willich empfiehlt, sich gemeinsam in der Familie zusammenzusetzen und offen miteinander zu sprechen. Das macht man am besten so früh wie möglich. Denn dann fällt es den Beteiligten leichter, über das Thema zu sprechen, weil der Tod noch weiter weg scheint. „“Den Rahmen für ein solches Gespräch gibt es nicht, fügt Willich hinzu. Aber es wird besser nicht während einer Familienfeier geführt. Auch das Gespräch an einen anderen Anlass zu koppeln, an dem man sich sowieso sieht, vermeiden Ältere lieber.

Bevor man sich zu einem solchen Gespräch verabredet, sollte man sich klar werden, wie der Nachlass genau aussieht, rät Lang. „Warum sollte man das nicht wie eine kleine Feier gestalten?“ Das Ende des Lebens sei genau so wichtig, wie der Anfang des Lebens. So wie man die Geburt feiert, könnte man einen feierlichen Anlass schaffen, bei dem Ältere ihren Angehörigen und Erben ihren letzten Willen vermitteln.

Das bietet auch die Chance, sich auszutauschen und eine hoffentlich positive Bilanz des eigenen Lebens zu ziehen. Und das kann noch sehr lang, gesund und glücklich sein - auch wenn man Bilanz gezogen und über den Nachlass gesprochen hat. Die Regelung des Nachlasses eignet sich auch nicht für Abrechnungen mit anderen, zumal die Betroffenen es unter Umständen gar nicht verstehen. Besser ist, dann noch zu Lebzeiten reinen Tisch zu machen - oder es wenigstens zu versuchen.

Außerdem verspricht man besser nichts, was man nicht halten kann. Etwa jemanden zusagen, dass er etwas Bestimmtes bekommt und hinterher sieht es dann ganz anders aus. Sonst sind Streit, Ärger und Enttäuschung unter den Erben vorprogrammiert, erläutert Rechtsanwalt Konrad. Außerdem ist es wichtig, die Interessen der Erben zu berücksichtigen. „Es macht keinen Sinn, dem Sohn die Firma zu vererben, wenn der zum Beispiel Künstler ist und etwas ganz anderes machen will, als das Unternehmen weiterzuführen.“ Dagegen ist die Tochter - auch aufgrund ihrer Ausbildung - dazu womöglich gerne bereit.

Auch wer Schulden hat, sollte das offen ansprechen, sagt Konrad. Dann fällt die Entscheidung leichter, das Erbe auszuschlagen. Persönliche Dinge ohne finanziellen Wert, wie zum Beispiel Familienalben, kann man schon vor dem Tod zum Beispiel an die Kinder weitergeben.

Wer ein Haus gebaut oder eine Wohnung gekauft hat, wünscht sich in der Regel, dass die Immobilie in Familienhand bleibt. Die Nachfolgegeneration hat aber oft kein Interesse oder bereits selbst ein Eigenheim. Das ist für viele dann bitter. Trotzdem knüpft man besser möglichst wenig Verpflichtungen an das Erbe, rät Konrad. So sollte man den Erben zum Beispiel nicht ohne Not vorschreiben, dass sie die Immobilie für zehn Jahre nicht verkaufen dürfen. „Man muss auch loslassen können.“

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: