Familie:Expertin: Häusliche Unfälle mit Kleinkindern haben zugenommen

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Bonn (dpa) - Blaue Flecken, blutiges Knie: Für Kinder gehören kleinere Unfälle zum Alltag. Beim Kindersicherheitstag am 10. Juni geht es aber auch um besonders tückische Notfälle.

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Bonn (dpa) - Blaue Flecken, blutiges Knie: Für Kinder gehören kleinere Unfälle zum Alltag. Beim Kindersicherheitstag am 10. Juni geht es aber auch um besonders tückische Notfälle.

Unfälle gehören zu den höchsten Gesundheitsrisiken von Kindern. Von ihnen verunglücken in Deutschland jedes Jahr fast 1,7 Millionen. Mehr als die Hälfte der Unfälle wären vermeidbar, sagt die Berliner Kinderchirurgin Stefanie Märzheuser im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Sie ist Präsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“, die seit dem Jahr 2000 jeweils zum 10. Juni den Kindersicherheitstag ausruft.

Warum gibt es einen Kindersicherheitstag?

Märzheuser: Wir wissen, dass Unfälle mit Kindern der häufigste Grund sind, warum Kinder ins Krankenhaus müssen. Zudem wissen wir, dass etwa 60 Prozent der Unfälle, also mehr als die Hälfte, vermeidbar sind. Wenn man nämlich weiß, wie Unfälle bei Kindern passieren, dann kann man die verhindern.

Und wie passieren Unfälle bei Kindern?

Märzheuser: Da gibt es ganz unterschiedliche Gründe. Das orientiert sich sehr stark am Alter des Kindes. Die Altersgruppe von null bis einem Jahr hat die meisten Unfälle zu Hause. Diese Kinder fallen zum Beispiel vom Wickeltisch, wenn wir Eltern einen kleinen Moment unachtsam sind und das Kind einen Moment nicht festhalten. Oder diese Kinder können ersticken an Kleinteilen. Wenn man kleine Spielzeuge in der Nähe des Kindes lässt oder Perlen oder Erdnüsse, dann nehmen die Kinder diese Dinge in den Mund und können sie aus Versehen einatmen. Bei den Ein- bis Dreijährigen ereignen sich die Unfälle auch vorwiegend zu Hause aber da stehen schon die Sturzunfälle mehr im Vordergrund. Bei schönem Wetter etwa können Kinder dieser Altersgruppe aus dem Fenster fallen, wenn die Fenster offen stehen. Ertrinkungsunfälle und Verbrühungen durch heiße Flüssigkeiten sind in dieser Altersgruppe in Deutschland auch recht häufig.

Wie sieht es mit Fahrradunfällen aus?

Märzheuser: Unfälle im Straßenverkehr und Sportunfälle stehen bei den noch ein bisschen älteren Kindern im Vordergrund. Mit zunehmender Mobilität passieren eben auch mehr Unfälle unterwegs. Beim Radfahren, auf dem Spielplatz oder beim Fußballspielen und Skateboardfahren. Das sind ja alles Aktivitäten, die uns nicht unrecht sind, denn wir wollen ja gerne, dass Kinder rausgehen an die frische Luft und sich bewegen.

Hat denn die Zahl der Unfälle mit Kindern im Vergleich etwa zu vor 20 Jahren zugenommen?

Märzheuser: Die Zahl der Unfälle mit Kindern, auch der schweren Unfälle, hat insgesamt abgenommen. Allerdings hat es eine Verschiebung gegeben. Die Zahl der häuslichen Unfälle, also mit kleineren Kindern, hat zugenommen. Also man kann nicht sagen: „Prima, die Unfälle haben abgenommen.“ Auch die Anzahl der Kinder, die im Krankenhaus vorgestellt werden wegen einer Unfallverletzung, hat gerade in dieser Altersgruppe, also null bis drei Jahre, zugenommen.

Weiß man, warum das der Fall ist?

Märzheuser: Vielleicht hat das damit zu tun, dass Eltern schneller ins Krankenhaus kommen, weil sie unsicherer sind. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass die Eltern nicht damit rechnen, dass die größte Unfallgefahr zu Hause ist. Man denkt immer, zu Hause da ist mein Kind sicher, da hab' ich es im Auge. Aber mit den Augen können sie ein Kind nicht festhalten und dann kann es eben trotzdem stürzen.

Dann dient also der Kindersicherheitstag auch der Aufklärung?

Märzheuser: Ja. Der Kindersicherheitstag widmet sich jedes Mal einer speziellen Unfallart. Diesmal geht es um Unfälle im und am Wasser. Das sind besonders dramatische Unfälle, weil sie bei Ertrinkungsunfällen so wenig Zeit haben. Ertrinken ist ein leiser Unfall. Das heißt, sie haben nicht diese typische Warnperiode, die man normalerweise hat. Wenn ein Kind stürzt, dann hören sie erst ein lautes Rums und dann hören sie lautes Geschrei. Das dient uns Eltern ja als Warnung. Dann wissen wir, da ist etwas passiert, da müssen wir schnell nachschauen gehen. Dieses Warnmoment haben wir beim Ertrinkungsunfall nicht.

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