Haben & Sein:Zurück in die Zukunft

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Epochales Crossover: die neue Ferragamo-Kollektion von Designer Maximilian Davis inmitten eines Renaissancegemäldes von Francesco Granacci aus den Uffizien. (Foto: Ferragamo)

Eine bildschöne Kampagne von Ferragamo, spaciges Make-up von Rabanne und ein Buch über die steinreiche Familie Cartier - die Stilnews der Woche.

Von Silke Wichert

Neue Renaissance

Der Herbst hat zwar noch gar nicht richtig angefangen, aber wir legen uns trotzdem schon mal fest: Die beste Kampagne der Saison gehört Ferragamo. Hier kommt nämlich zusammen, was zusammengehört, die letzten Jahre aber partout nicht zueinanderfand. Die Marke (jetzt ohne den Salvatore voran) stammt bekanntlich aus Florenz, solche Wurzeln sind eigentlich ein Geschenk, für die bisherigen Designer schienen sie allerdings allzu oft knorriger Ballast zu sein. Der neue Creative Director Maximilian Davis, gerade mal 28, zeigte dagegen im September nicht nur eine bemerkenswert selbstverständliche Kollektion, er geht auch mit der dazugehörigen Kampagne dahin, wo es am logischsten ist: in die Uffizien. Unter dem Titel "New Renaissance" werden Models, Taschen und Schuhe in Gemälde von Bellini, Veronese und Botticelli integriert. Klingt nach brachialer Brücke zwischen den Epochen, funktioniert optisch aber erstaunlich gut. Mitschwingen soll natürlich auch, dass Ferragamo, ganz Renaissance-Spirit, den Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart anstrebt, die Tradition pflegt, aber gleichzeitig in die Zukunft blickt. Fans von Davis' Œuvre sehen vor allem: Meisterwerke unter sich ( ferragamo.com).

Heavy Metal Make-up

Silberbesteck fürs Badezimmer von Rabanne. (Foto: Rabanne Make-Up/PR)

Noch ein Modehaus, das sich seines Vornamens entledigt hat. Paco Rabanne heißt jetzt nur noch Rabanne. Wohl nicht nur, weil der Gründer diesen Februar verstorben ist, sondern auch, weil nur ein Name irgendwie schneller und moderner daherkommt als zwei. Außerdem passen weniger Buchstaben bekanntlich besser auf kleinere Verpackungen, und davon gibt es jetzt eine ganze Menge mehr: Neben Bestseller-Parfums wie "One Million" und "Fame" hat die spanische Marke ihre Beauty-Sparte gerade um Make-up erweitert. Weil Paco Rabanne in den Sechzigern und Siebzigern mit Space-Age-Metall-Kreationen bekannt wurde, dominieren bei den Verpackungen vor allem Silber und Gold. Allein die silbernen Schatullen für die Lidschatten sind schon ein Accessoire für sich, auch bei den Farben geht es schimmernd und glitzernd zu. Wer sich online einmal die komplette Palette ansehen möchte - in der URL lebt "Paco" aktuell noch weiter ( pacorabanne.com).

Eine steinreiche Familie

Diamantenfieber für zu Hause: Francesca Cartier Brickells Buch "Die Cartiers. Eine Familie und ihr Imperium". (Foto: PR)

Klar, über Cartier hat man schon alles gelesen. Die Tank, diverse Panthère, der Trinity-Ring, Wallis Simpson, Elizabeth Taylor, Jackie O. und so weiter. Über die legendären Schmuckstücke und ihre berühmten Trägerinnen ist tatsächlich viel geschrieben worden, über die Geschichte der Familie Cartier dagegen bislang vergleichsweise wenig. Nicht einmal die Enkelin des letzten aktiven Cartiers im früheren Familienbetrieb kannte alle Geschichten. Als ihr Großvater seinen 90. Geburtstag feierte, ging Francesca Cartier Brickell in den Keller, um eine besondere Flasche Champagner zu suchen. Stattdessen fand sie einen alten Koffer voller Briefe - der Beginn einer zehnjährigen Reise auf den Spuren ihres berühmten Clans. Gerade ist ihr daraus entstandenes Buch "Die Cartiers. Eine Familie und ihr Imperium" im Insel-Verlag auf Deutsch erschienen. Eine spannende Familien- wie letztlich auch Wirtschaftsgeschichte, die den Aufstieg und späteren Zerfall des Unternehmens nachzeichnet.

Gegründet wurde die Marke 1847 von Louis François Cartier, der beim Pariser Juwelier Picard eine Lehre gemacht hatte und mit erst 27 Jahren dessen altes Geschäft per Ratenzahlung übernehmen konnte. So schillernd der Name heute klingt, so bescheiden und mühsam waren die Anfänge für ihn und später für seinen Sohn Alfred. Vor allem dessen drei Söhne - Louis, Pierre und Jacques - führten Cartier schließlich zu Weltruhm. Louis sei ein kreatives Genie, fast eine Art Steve Jobs seiner Zeit gewesen, schreibt Cartier Brickell. Er verwendete leichtes Platinum als Fassung für Diamanten und entwarf mit der "Santos" 1904 die erste Armbanduhr für Herren. Pierre war der geborene Verkäufer und Netzwerker, der mit viel Geschick einen der teuersten Steine aller Zeiten an die juwelenverrückte amerikanische Erbin Evalyn Walsh McLean verkaufte: den blauen "Hope"-Diamanten, der damals 180 000 Dollar kostete und dessen Wert heute auf 350 Millionen Dollar geschätzt wird. Jacques, der jüngste der drei Brüder, stellte sich als genialer Gestalter heraus, der den "Cartier-Stil" entscheidend prägte und einige der bis heute schönsten Stücke entwarf.

Immer wieder machten den Juwelieren Kriege, Wirtschaftskrisen und sich verändernde Moden zu schaffen, die jedoch mit arrangierten Ehen, Expansion und unternehmerischem Geschick gemeistert wurden. Bergab ging es, wie so oft, mit der ersten "satten" Generation, die weniger Interesse am Unternehmen hatte und es schließlich Stück für Stück verscherbelte. Cartier Brickells Urgroßvater Jean-Jacques Cartier versuchte als Leiter des Londoner Ablegers bis zuletzt, die Familientradition fortzuführen, 1974 schließlich verkaufte auch er. Das Ende der Marke bedeutete das bekanntlich nicht. Heute gehört sie zum Richemont-Konzern und ist erfolgreicher denn je (34 Euro, the-cartiers.com).

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