Haushalt:Garantiert stubenrein

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Auch im Hause Niedergesäß gibt es inzwischen einen Saugroboter. Hier handelt es sich allerdings nur um ein Symbolbild. (Foto: Kiko Jimenez/imago images/Westend61)

Saugroboter machen nicht nur sauber, manche werden zu Freunden. Über Mensch und Maschine in Zeiten des Social Distancing.

Von Christoph Koopmann

Im Haushalt gibt es sehr angenehme Aktivitäten, kochen beispielsweise oder, noch viel angenehmer, von der Couch aus anderen Haushaltsmitgliedern beim Kochen zusehen und ungefragt Ratschläge erteilen. Putzen gehört nach Auffassung sehr vieler Mitmenschen nicht zu diesen sehr angenehmen Aktivitäten. Es soll zwar Leute geben, die finden Saubermachen gut oder sogar kontemplativ. Und dann gibt es die anderen, siehe oben. Genau für sie ist eine Haushaltswunderwaffe erfunden worden, die einem Erlösungsversprechen gleichkam und in jüngerer Zeit immer mehr Haushalte erobert hat. Die Rede ist hier, was sonst, vom Saugroboter.

Natürlich gehört so ein Roboter erst mal zur Kategorie: Dinge, die man eigentlich nicht braucht. Aber wer ihn einmal ausprobiert hat, mag nicht mehr ohne, so ist die eigene Erfahrung. Muss man sich noch mal klar machen, auch wenn es mittlerweile fast selbstverständlich klingt - ein Roboter, der selbständig nervige Hausarbeit übernimmt! Praktischer geht es ja kaum.

Mittlerweile besitzt, das besagt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom, jeder achte Deutsche einen solchen Saugroboter. Diese kleinen, runden Maschinchen also surren über deutsches Eichenparkett und schlucken Staub, Krümel, was immer eben runtergefallen ist. Dabei scheint es zwischen Besitzern und Robotern offenkundig nicht bei einem bloßen Dienstleistungsverhältnis zu bleiben: Youtube etwa ist längst geflutet mit Videoschnipseln von Hunden, Katzen, Kindern, die sich auf Saugrobotern durch die Gegen kutschieren lassen, versammelt in spielerischer Zweisamkeit mit der Maschine.

Sie bekommen Namen, und so werden Jürgen Cleansmann und Helene Wischer zu Freunden

Und auf einschlägigen Internetportalen wie saug-wisch-roboter.de finden sich lange Listen mit hochkreativen Saugroboternamen (Helene Wischer, Jürgen Cleansmann, Tyrannosaugus Rex), andere benennen ihre Roboter eine Nummer schlichter (Karl, Ferdi, Else). Die Firma iRobot, die mit ihrem Roboter Roomba vor knapp 20 Jahren den Boom ausgelöst hat, schreibt auf Anfrage, mehr als 90 Prozent der Besitzer gäben ihrem Exemplar einen Namen.

Werden Saugroboter also zu neuen Mitbewohnern wenigstens vom Range eines ziemlich hilfreichen Haustiers? Es hat jedenfalls den Anschein, als entstünden da gerade ganz neue Bindungen zwischen Mensch und Maschine.

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Bereits 2007 erschien eine Studie, die darauf schließen lässt, dass Menschen sehr enge, geradezu intime Beziehungen zu Staubsaugerrobotern entwickeln können. Sie geben ihnen nicht nur Namen, viele wollen zum Beispiel im Fall eines Defekts auch auf keinen Fall ein Ersatzgerät, sondern unbedingt ihr altes zurück. iRobot-CEO Colin Angle sagt: "Es ist fast so, als wollten sie einen Arzt für Roboter, der den Roomba operiert." Einige Kunden sähen ihren Roboter gar als Familienmitglied an.

In den vergangenen eineinhalb Jahren hat das Thema Bindungen zudem enorm an Bedeutung gewonnen, als es inmitten der Pandemie auf einmal alles andere als selbstverständlich war, andere Menschen um sich zu haben. Dabei war Einsamkeit schon vor Covid-19 ein wachsendes Problem in Wohlstandsgesellschaften. Der Lösungsversuch ist immer wieder: Technik. Amazons Sprachassistentin Alexa ist quer durch alle Generationen beliebt, auch bei Älteren, bei Einsameren. Im US-Bundesstaat New York wurden in der Corona-Krise Haustierroboter an alleinstehende Seniorinnen und Senioren verteilt. In Japan hat man gar menschenähnliche Roboter auf den Markt geworfen, mit denen echte Menschen Liebesbeziehungen führen können.

Tatsächlich liefert auch die Wissenschaft Hinweise, dass die Haushaltsgehilfen das Gefühl des Ausgeschlossenseins bei einsamen Menschen vermindern können - eine entsprechende Studie heißt "Products as Pals", Produkte als Freunde. Besonders ausgeprägt ist der Effekt demzufolge, wenn der Roboter so designt ist, dass es aussieht, als trage er einen lächelnden Smiley obendrauf.

Haushaltsroboter helfen gegen Einsamkeit, aber einseitig ist so eine Freundschaft schon

Für eine andere Studie hat ein Forschungsteam Staubsaugerroboter mit drei unterschiedlichen Bewegungsmustern programmiert. Die Probanden waren tatsächlich in der Lage, die Roboter allein anhand ihrer Bewegungen korrekt verschiedenen Persönlichkeitstypen zuzuordnen, die ihnen die Forscher zuvor zugewiesen hatten: fröhlich, schläfrig, grummelig.

Ist ja auch einigermaßen logisch: Unser Gehirn hat sich nun einmal zu einer Zeit entwickelt, in der alles, was sich von selbst bewegte, auch lebendig war. Insofern: Nur menschlich, dass man seinem umhersurrenden Staubsaugerroboter einen Namen gibt oder ihn mal liebevoll tätschelt, wenn er gut gesaugt hat.

Und pflegeleichter als lebendige Mitbewohner ist so ein Roboter eh, oder hat jemals jemand mit seinem Staubsaugerroboter darüber diskutiert, wer jetzt dran ist mit Müll runterbringen? Gassigehen wie mit einem Haustier muss man auch nicht. Im Gegenteil: Helene Wischer, Jürgen Cleansmann, Tyrannosaugus Rex sind nicht nur für uns da, wenn wir Gesellschaft nötig haben. Sie sind uns stets zu Diensten. Das ist zwar sehr angenehm, aber eine echte Freundschaft sähe besser nicht so einseitig aus.

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