München:„#ausgehetzt“-Demo: Keine Konsequenzen für Theater-Chef

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München (dpa/lby) - Der Chef der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, muss nach einem Aufruf zur "#ausgehetzt"-Demonstration im Sommer nicht mit Konsequenzen rechnen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) werde keine dienstaufsichtsrechtlichen Schritte gegen den 59-Jährigen einleiten, teilte die Stadt am Freitag mit. Das Kulturreferat begründete die Entscheidung in einem Antwortschreiben an die CSU-Stadtratsfraktion auch mit der Freiheit der Kunst. "Kunst ist kein Selbstzweck", heißt es in dem vom scheidenden Kulturreferenten Hans-Georg Küppers (SPD) unterzeichneten Schreiben.

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München (dpa/lby) - Der Chef der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, muss nach einem Aufruf zur „#ausgehetzt“-Demonstration im Sommer nicht mit Konsequenzen rechnen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) werde keine dienstaufsichtsrechtlichen Schritte gegen den 59-Jährigen einleiten, teilte die Stadt am Freitag mit. Das Kulturreferat begründete die Entscheidung in einem Antwortschreiben an die CSU-Stadtratsfraktion auch mit der Freiheit der Kunst. „Kunst ist kein Selbstzweck“, heißt es in dem vom scheidenden Kulturreferenten Hans-Georg Küppers (SPD) unterzeichneten Schreiben.

Die Münchner Stadtrats-CSU hatte versucht, den städtischen Kammerspielen - und ebenso dem Volkstheater - einen Aufruf zu der Demonstration „#ausgehetzt - gemeinsam gegen die Politik der Angst“ zu verbieten, die sich vor allem gegen die Flüchtlingspolitik der CSU und einen Rechtsruck in Deutschland richtete. Die Christsozialen sahen die Neutralitätspflicht für städtische Einrichtungen verletzt und forderten „dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen“.

Zehntausende hatten an der Demonstration am 22. Juli in München teilgenommen. Die Polizei sprach von 25 000 Menschen, die Veranstalter sogar von 50 000. OB Reiter selbst war bei der Demo als Redner aufgetreten.

„Mich hat dieser Antrag der CSU im Sommer ehrlich gesagt total geschockt“, sagte Intendant Lilienthal am Freitag nach Bekanntwerden der Entscheidung. In Zeiten wie diesen, „in Zeiten von AfD und Co.“, sei es wichtig, „sehr deutlich Haltung zu zeigen“. In der Kulturpolitik sei heute schon ein starker Einfluss der Rechtspopulisten zu spüren. „Die CSU ist nach rechts gerückt.“ Grundsätzlich seien städtische Einrichtungen zwar gehalten, sich parteipolitisch neutral zu geben, schreibt Küppers. Man könne den Kammerspielen aber nicht grundsätzlich untersagen, „auf ihrer Bühne gesellschaftskritische oder politische Werke aufzuführen, selbst wenn diese sich gegen nur in einzelnen, bestimmten Parteien vertretene Strömungen richten“. Die Stadt müsse also nicht immer einschreiten, „wenn die Kammerspiele für die politische und gesellschaftskritische Ausrichtung ihres Hauses werben“.

Mit der Berufung Lilienthals zum Chef der renommierten Bühne habe die Stadt sich bewusst für eine „Öffnung des Hauses“ entschieden, schreibt Küppers. „Mehr denn je muss sich das Theater Fragen nach seiner Relevanz in einer sich rasant verändernden Welt stellen. Die Kammerspiele reagieren darauf unter Lilienthal mit einer Politik der ästhetischen und gesellschaftlichen Öffnung.“ Wenn die Kammerspiele sich an zivilgesellschaftlichen Aktionen oder Demonstrationen beteiligten, sei das „vom Wirkbereich der Kunstfreiheit gedeckt“.

Theater in ganz Deutschland hatten sich nach Bekanntwerden der CSU-Forderung mit den Kammerspielen und dem Volkstheater solidarisiert. Wohl auch diese Solidarität bescherte Lilienthal, der die Kammerspiele 2020 verlässt, beinahe die Auszeichnung „Theater des Jahres“ 2018. Bei der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ schaffte es seine Bühne im August auf Platz zwei. „Auch den umstrittenen, vor allem von der lokalen CSU-Fraktion geschmähten Münchner Kammerspielen, dessen Intendant Matthias Lilienthal nicht verlängern will, zollen die KritikerInnen mit fünf Stimmen Anerkennung“, hieß es.

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